Blinde Zerstörungswut am "Blauen Loch" - und ein Gesprächsangebot vom "Runden Tisch"

Der Streit am Blauen Loch eskaliert: Auf Vandalismus folgten Polizeieinsätze und Zaunbau, daraufhin die Zerstörung der letzteren. Die Kripo ermittelt. Können wir die Spirale der Eskalation stoppen? Der Runde Tisch macht ein Angebot an alle Vernünftigen.

Der Radeburger Anglerverein hatte sich bereits auf seiner Mitgliederversammlung zum Thema geäußert und die Entscheidung des Anglerverbandes, einen Zuan zu errichten, bekräftigt. Nun wurden der Zaun und der Zugang zerstört. Unser Leser, der Angelfreund Frank Illgen, schickt obige Fotos und schreibt:

Die Zerstörung der Einfriedung des blauen  Locher nimmt immer mehr zu. Jetzt ist die Kripo eingeschaltet  worden. Es sind mehrere Anzeigen erfolgt, der Schaden jetzt schon in einem vierstelligen Bereich. In letzter Zeit wurde der Zaun mehrfach zerschnitten Säulen verbogen und das für Sachsen gültige Schließsystem zerstört. Die Täter sind einfach ohne Verstand, feige und dumm. Die Sportfreunde werden sich dadurch aber nicht unterkriegen lassen, es ist ein Sportgewässer und kein Badesee und wurde vom AVE Dresden erworben zur Ausübung  des Angelsports. Erstmalig musste kaum  Müll beräumt werden und man kann seinen Sport genießen. 

Unser Redakteur Klaus Kroemke hat sich dazu andere Meinungen angehört - von Mitbürgern aber auch von Behörden. Dass Sachbeschädigung nicht der Weg ist, in unserer Zivilgesellschaft  Probleme zu lösen, ist dabei unstrittig und ebenso ist unstrittig, dass der oder die Straftäter zur Verantwortung gezogen werden müssen. Aber er fragt sich im Ergebnis der Recherche:

Kommentar

Gibt es keine anderen Lösungen als Zäune?

Im Frühjahr dieses Jahres zäunte der Anglerverband „Elbflorenz“ e.V. (AV) sein Grundstück zwischen Berbisdorf und Bärwalde, das so genannte „Blaue Loch“, ein. Danach wurde dieser Vorgang kontrovers diskutiert.

Beim Kreisumweltamt wurde Ende Juli ein Antrag auf Zulassung des Gemeingebrauchs am „Blauen Loch“ eingereicht und von der Unteren Wasserbehörde als Anregung zur Prüfung übergeben, an dessen Endpunkt eine entsprechende Allgemeinverfügung stehen könnte. Hierzu bedürfe es allerdings „einer Beteiligung zahlreicher Träger öffentlicher Belange und Betroffener,“ schreibt die Behörde in ihrem Antwortschreiben, das RAZ vorliegt. „Aufgrund einer Vielzahl von Aufgaben und Verfahren muss der Vorgang in die Aufgabenliste eingeordnet werden,“ heißt es in dem Schreiben weiter. „Inwieweit eine Priorisierung gerechtfertigt ist, muss noch entschieden werden.“ 
Im September fand die Jahreshauptversammlung des Radeburger Partnervereins statt (siehe nebenstehender Beitrag), in dem der Vorstand die Entscheidung des Verbandes noch einmal verteidigte.

Wenn "Zaunlösungen" Mode werden... 

Die Verärgerung der Angler über rücksichtslose Badegäste ist verständlich, dennoch bleibt die Frage im Raum stehen, ob der Vorschlag der Beamten, Zäune zu ziehen, das Nonplusultra ist. Irgendwie scheinen Behörden neuerdings Gefallen an „Zaunlösungen“ zu finden. Zeigen uns nicht gerade die Schutzzäune gegen die Afrikanische Schweinepest die Wirkungslosigkeit solcher Maßnahmen? Obwohl sich die Schweinepest so bisher nicht aufhalten ließ, werden die Maßnahmen nicht hinterfragt und immer weitergetrieben. Dass der Grund dafür ist, dass andere Tierarten die Zäune überwinden und die Viren mitschleppen, wird – einer Nachfrage von RAZ beim Sozialministerium zufolge – als „geringes Risiko“ betrachtet. Das auch andere Tiere, für die man bis vor Kurzem noch „Wildbrücken“ baute, in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet eingeschränkt werden, ist kein Thema. „Der Mensch und von ihm genutzte Gegenstände stellen ein viel größeres Risiko dar,“ ist das Sozialministerium überzeugt.

Der rechtselbische „Risikofaktor Mensch“ kann inzwischen weder im Wald noch z.B. auf den Elbwiesen von seinem verfassungsmäßigen Recht (Art. 10 (3) SächsVerf) Gebrauch machen, einfach seine Decke ausbreiten, picknicken und die Natur genießen, ohne Zäune zu überwinden. Auch dort haben Unvernünftige regelmäßig ihren Müll hinterlassen. Klatschen wir ob des „Kollateral-Nutzens“, dass Wälder und Strände nicht mehr „vermüllt“ werden, jetzt Beifall? Warum kommt das Sozialministerium nicht auf den Gedanken, die gefährdeten Schweinställe einzuzäunen und wie früher mit Seuchenwannen und Seuchenmatten zu arbeiten? 

Landratsamt: baden verboten, ob mit oder ohne Zaun

Das Landratsamt Meißen hat im Fall „Blaues Loch“ jedenfalls erst einmal „wie früher“ gehandelt und zum Standgewässer „Blaues Loch“ eine „Gewässerfeststellung“ durchgeführt, was wohl bisher nicht der Fall war. „Demnach unterliegt der Teich (nunmehr) dem Anwendungsbereich der geltenden Wassergesetze,“ schreibt die Untere Wasserbehörde und gibt dem Antragsteller zunächst recht: „Insbesondere ist nach § 3 Abs. 7 SächsWG der freie Zugang zu oberirdischen Gewässern sowie Quellen zur Erholung zu ermöglichen, soweit nicht durch das Wasserhaushaltsgesetz, durch dieses Gesetz oder aufgrund dieser Gesetze Beschränkungen des Zuganges geregelt sind. Da das in Rede stehende Gewässer nicht in einem Hofraum, Betriebsgrundstück, Garten oder Parkanlage liegt, besteht nach unserer Auffassung eine Pflicht der Eigentümer den freien Zugang zu ermöglichen.“ Zwar ist der Zaun also nicht erlaubt, aber auch der AV hat seine Rechte. So heißt es weiter: „Lediglich das Ausüben des Gemeingebrauchs, was namentlich das Baden, der Eissport und das Befahren mit kleinen Wasserfahrzeugen sein könnte, ist am ‚Blauen Loch‘ nicht zugelassen.“ 

Nun einmal Hand aufs Herz. Ist es nicht gerade das Baden, das dazu geführt hat, hier seine Zelte aufzuschlagen? Missmut erregte bei den Anglern nicht einmal dieses Baden, was sie vermutlich geduldet hätten, wenn nicht Campen, Lagerfeuer und Müll damit verbunden gewesen wären. Wo kein Kläger ist, da ist kein Richter. Missmut erregt nun bei den pauschal Ausgesperrten, dass die, die offenbar einen Schlüssel für das Gelände besitzen, selbst dort baden, was auch ihnen nicht gestattet ist – mit allen damit verbundenen „Nebennutzungen“. Dieser „Fakt“ wurde von vielen Seiten an mich herangetragen und selbst von Anglern kommt die Aussage: „Werde doch Mitglied bei uns, dann kannst du das auch.“

Für einen solchen privilegierten Gebrauch gibt es aber keine Rechtsgrundlage. Für den Gemeingebrauch wiederum gibt es ein rechtsstaatliches „Verwaltungsverfahren“. Man mag es bürokratisch finden, aber es dient der Streitbeilegung gerade dort, wo man nicht mehr miteinander redet. Ich stelle mir vor, große Fischereibetriebe würden aus den gleichen Gründen Zäune um ihre Gewässer ziehen und damit solche Verfahren „provozieren“. Die Untere Wasserbehörde fühlt sich ohnehin schon an der Belastungsgrenze, denn sie schreibt abschließend: „Bei der Wichtung der Vielzahl anhängiger wasserrechtlicher Verfahren und Aufgaben werden Vorhaben mit bedeutsamen wasserwirtschaftlichen Auswirkungen vorrangig berücksichtigt.“ 

Einladung zum Runden Tisch

Ein solcher Vorrang besteht bei dem Tagebaurestloch ganz offenbar nicht, also wird der zwar verständliche, wahrscheinlich aber rechtswidrige Zaun noch lange Bestand haben und sich der ebenso verständliche Unmut an ihm „abarbeiten“ - was keine Entschuldigung für eine ebenso rechtswidrige Sachbeschädigung sein soll. Im Gegenteil (siehe nebenstehende Zuschrift von Frank Illgen, der man nur zustimmen kann). Eher eine Aufforderung zum Dialog, für den wir gern den Runden Tisch als offene Gesprächsform anbieten. (Termin und Anmeldung hier.) Der Streitgrund ist im Kern doch nur das Baden – und das ist und bleibt hier verboten, ob mit Zaun oder ohne.