Aus 6 Musketen feuerten die privilegierten Schützen ihre Salven – da war klar: jetzt sind in Radeburg wieder die Narren los. Oder der Teufel in Gestalt von Prinz Carneval. Der Prinz als Teufel? Den Zusammenhang kennen bis jetzt nur echte „Brauchtümler“. Aber in der 60. Saison, die auf 170 Jahren Faschingstradition ruht, soll nun jeder wissen: zu Fasching der Teufel los, und das ist von Alters her auch so gemeint! Die 11 ist die Zahl des Teufels, weil sie sich zwischen die christliche Zehn und die vollendete Zeit stellt, die 12. Und sehen die beiden Einsen nebeneinander nicht gerade aus wie die Hörner des Leibhaftigen? Mehr darüber soll es in dem misteriösen BUCH zu lesen geben, das seit nunmehr 10 Jahren vermisst wird.
In dem Buch soll stehen, warum sich die Zeit zwischen 11.11. und Aschermittwoch „Fünfte Jahreszeit“ nennt und was es mit dem Rathausschlüssel auf sich hat. Wann zum ersten Mal überhaupt er übergeben wurde, so wie ihn diesmal Bürgermeisterin Michaela Ritter kurz nach 11:11 Uhr an den Präsidenten des Eferrates übergab. Darin soll stehen, seit wann und warum es in Ra-Bu ein Kinder-Prinzenpaar gibt, so wie in dieser Saison Prinzessin Louisa II. Mit Prinz Oskar I. an ihrer Seite und vielleicht steht sogar drin, warum seit dem Patronat von Olaf Häßlich klammheimlich dazu übergegangen wurde, den Prinzen an die Seite der Prinzessin zu verbannen und nicht umgekehrt, wie andernorts üblich.
Das gehört zu den lokalen Besonderheiten wie die, dass es bereits am 11.11. eine und dann gleich noch bis zu drei weitere Prunksitzungen gibt, die andernorts (oft samt Krönung) üblicherweise erst nach Silvester stattfinden.
So herrscht in dieser Saison (nicht Session, liebe Kölner, hört mit den Belehrungen auf!) seit den späten Abendstunden des 11.11. Prinzessin Marika I. mit Prinz Ronny I. an Ihrer Seite über die Kuss-
und Duzfreiheit sowie über alle Narren von Ra-Bu – und zwar bis Aschermittwoch. Länger niemals. Da sind sich alle einig. Fast alle, denn die Vereine und Gruppen, die zu den Tollen Tagen in RaBu sind, wollen ihren einheimischen Gastwirten auch noch was zukommen lassen, ihre Umzugsplatzierung feiern und die „Neeschen“ leeren. Das närrische Brauchtum wird zwischen Großenhain und Königsbrück wird zwar eng, aber nicht soooo eng gesehen wie in katholischen Gegenden.
Wo kommt er her, dieser närrische Geist in dieser kleinen Stadt? Kurt Böwe hatte dem mal nachgespürt, weil er als Berliner wissen wollte, wo Heinrich Zille her stammt, wo die Wurzeln seines Humors sind. Und er traf so auf Kurt Georg – Maskenbildner, Zille-Darsteller und – Gründer des Volkskarnevals. Den „Ansichtskarte“, die vom DDR-Fernsehen produziert wurde, findet sich noch im Internet.