12. Heinrich-Zille-Kneipennacht: Radeburg ist einfach gut drauf!

Noch Tage später schwärmt man in Radeburg und Umgebung von DIESER Kneipennacht, obwohl sich anfangs einige Sorgen machten, dass es diesmal nicht so laufen könnte. Schließlich war die Baugrube mitten im Zentrum alles andere als attraktiv.

Maibaum für eine Nacht.

Maibaum für eine Nacht.

Jedenfalls rechtzeitig Gedanken gemacht hat sich Uwe Berge vom Meisterbetrieb Herrmann, denn er war es, der die Idee hatte, am künftig wieder auf dem Markt stehenden Brunnen eine „Zeitkapsel“ für die Nachwelt zu versenken.

Mit der Idee ging er zu Bürgermeisterin Michaela Ritter, die sofort begeistert war. Es blieb auch nicht bei der Idee, sondern Uwe Berge stellte auch ein entsprechend zugeschnittenes Kupferrohr zur Verfügung, das er im Beisein der Presse am Montag, dem 19. April, zulöten durfte, nachdem es u.a. mit der Sächsischen Zeitung vom 30.4., den letzten beiden Ausgaben des Radeburger Anzeigers, mit einer Narrenkappe, einer Fuffi-Puppe und einem Ordnen vom RCC,  einer Broschüre und einem Stadtplan von Radeburg und dem Stolperatlas des Geriatrischen Netzwerks befüllt worden war.

Weiterhin Gedanken machte sich der Feuerwehrverein, denn während es schon im kommenden Jahr wieder eine feste Hülse für den Maibaum geben wird, war in diesem Jahr an der geplanten Stelle nur die Baugrube. Die Idee war, die Drehleiter des historischen S 4000 DLF zu verwenden und zumindest den Kranz von deren Spitze hängen zu lassen.

Auch die Baufirma „spielte“ mit und veränderte für den Akt der „Zeitkapselversenkung“ die Absperrung so, dass zahlreiche Zeugen dabei sein konnten, wie die Bürgermeisterin die Kapsel in den Boden ließ.

Dank dieser Maßnahmen, begleitet von Salutschüssen der Radeburger Schützen, kam doch ein wenig Kneipennacht-Atmosphäre auf. Dennoch wunderte man sich vor allem in den Kneipen wegen des zunächst ausbleibenden Publikums. „Erst fangse ganz langsam an“ galt wohl auch in Radeburg. Wo waren die Leute geblieben?

Da war zunächst die Eröffnung der Sonderausstellung über Weltmeister Armin Zosel (siehe gesonderter Beitrag), die im mit Zuschauern überfüllten Foyer, der früheren Hofdurchfahrt, stattfand. Es konnten nicht einmal alle Interessierten eingelassen werden.

Viele zogen dann direkt weiter, um sich beste Plätze bei der Modenschau im Modehaus Luckow zu sichern und wieder andere strömten zahlreich herbei, um dem Posauenchor zu lauschen, der vom Balkon von ehemals Eisen-Beegs, über dem Vodafone-Shop, seine Ständchen blies.

Es ist auch üblich geworden, dass viele erst ihre Tour durch die Geschäfte machen, ehe sie sich in den Kneipen niederlassen, in denen es in dieser Nacht deshalb besonders spät wurde. Während die Geschäfte zwischen 22:30 Uhr und 23:00 Uhr ihre Geschäfte zusperren konnten, war in den Gaststätten erst zwischen 2:00 Uhr und 5:00 Uhr morgens Schluss.

Im Wäscheeck ist traditionell der selbstgemachte Eierlikör der Renner und nebenan bei „Pretty Women“ waren die „eigenen Sandalen-Kreationen“ der Hit. Das Konzept: mit nur einer Basissohle und vier Bindemöglichkeiten hat man dank einer großen Auswahl an Bändern unzählige Gestaltungsmöglichkeiten. Die Idee entstand 2005 in Cancun (Mexiko) und verbreitete sich zunächst in der Karibik. Unter dem Label „Sunsmiles“ wird sie seit 2015 weltweit vertrieben. „Zeitweise war es hier so voll, dass wir mit den Begrüßungsdrinks kaum durchkamen,“ schwärmt Inhaberin Petra Seel. „Dass die Leute aber nicht wegen der Drinks kamen, sondern die Sandalenkreationen direkt nachgefragt haben, beweist, dass auch das Werbekonzept der Radeburger Händler funktioniert.“

Bei „Cinderella“ gab es wie jedes Jahr Schuhe mit 10% Rabatt und auch hier war der Laden bestens besucht. Erst in der 10. Stunde ließ es nach.

In der Wollkiste gab es Cocktails kostenlos für die Damen, wenn sie ihre Männer überreden konnten zu stricken. Es war ein Gaudi, der tatsächlich auch angenommen wurde. 
Bei Lederwaren Weser „funktionierte“ wieder die Teilnahme an den Modenschauen mit einem gut sortierten Taschenangebot – in der Form, dass dann die gezeigten Taschen auch nachgefragt wurden. Als besonderes Extra gab es gratis ein „Foto mit Tasche“ aus der Fotobox – sofort zum Mitnehmen.

„Ich habe gezielt auch wieder Kunden von Auswärts eingeladen. Den einen oder anderen musste ich überreden, dass die „Kneipennacht“ mehr ist als „nur Kneipen“ und das bestätigten die Besucher auch. Sie finden es gut, dass man einen Stadtbummel machen und den Tag in den Gaststätten ausklingen lassen kann,“ sagte Silva Böhme. Perfekt wurde das Ganze durch Lifemusik. Der lustig moderierende Uwe Heimbach wurde erstmals von Frank Feuker auf der Gitarre begleitet.

Unter die „Kneipen“ fielen neben den „echten“ Restaurationen auch die Haarschmiede und der Meisterbetrieb Herrmann. Wie schon im letzten Jahr wurde wieder die Alte Schmiede geöffnet und zur Bar umfunktioniert. „Lillet Wild Berry“ ging hier am besten. 3:30 Uhr gingen hier die letzten. Bis 3:00 Uhr ging es auch im Meisterbetrieb, dessen schon traditionell aus dem Wasserhahn laufendes Bier seit Jahren angesagt ist. „Die Küchenarmatur, aus der bei uns das Bier kommt, läuft auch im Verkauf sehr gut,“ scherzt Uwe Berges Frau Yvonne. „Was an den Hahn letztlich angeschlossen wird, dafür ist aber jeder selber verantwortlich.“

Erstmals war Fleischermeister Richard Klotsche mit von der Partie. Bisher gab es aus dem ehemaligen Kaufhaus Müller immer „StreetBowle“ von den Gardemädels – nun erstmals in Verbindung mit Streetfood aus dem Fleischerfachgeschäft. Eine Kombination, die sehr gut angenommen wurde und für noch mehr Leben auf der Großenhainer Straße sorgte.

Dirk Klotsche auf der Meißner Straße äußerte sich ebenfalls begeistert. „Als die Leute dann kamen, war schnell der ganze Laden bis auf den letzten Platz gefüllt. Das Schöne war diesmal, dass wegen des guten Wetters viel Bewegung im Publikum war. Trotz des Gedränges waren diesmal alle sehr entspannt und ausgelassen. Das Publikum war gut gemischt. Jung und Alt, einheimische und Fremde. Sie setzten sich zueinander an den Tisch und kamen ins Gespräch. Und so soll es doch eigentlich sein,“ so der Fleischermeister.

Im Hirsch, in dem wie immer die Narrenpolizei in der Sturmklause Cocktails mixte, während vor der Gaststätte Werner Klimke am Grill stand und in der Gaststätte die Cross Blues Band für Stimmung sorgte, war es – will man diversen Gästen Glauben schenken – „voll wie zu Fasching“.

Im Deutschen Haus sorgte „Ralle der Sommer“ mit der ganzen Familie Naujokat für Überraschung mit neuen Mixgetränke-Kreationen. Favorit war hier der „Zille-Sahnetraum.“ Im nächsten Jahr wird es sicher hier eine Neuauflage geben. Die Liveband „Anett & Friends“ sorgte hier für ausgelassene Stimmung.

In Keiligs Weinstube konnte der Außenbereich wieder genutzt werden. Konni Keilig schwärmt auch eine Woche später noch: „Viele Besucher, die Band super drauf (Fristo Kids – d. Red.), ausgelassene Stimmung – ein perfektes Gesamtpaket!“ „Erst als die Kälte sich gegen Mitternacht breit machte, ließ der Ansturm nach,“ ergänzt Andreas Keilig. Die Band spielte bis halb Eins, gegen 3 Uhr gingen die letzten.“

Nicht zuletzt war auch bei Hundel und im Kulturbahnhof nichts davon zu spüren, dass man außerhalb des Stadtzentrums liegt. Und alle bedanken sich für den zahlreichen Besuch. Frank Mietzsch, Betreiber des Kulturbahnhofs, fand es nur schade, „dass gegen Mitternacht die ersten zu tanzen anfingen, als die Band schon in die Zugabenrunde ging.“ Novikents haben sich die Seele aus dem Leib gespielt „und sind mir viertel Eins fast von der Bühne gekippt. Vielleicht fangen wir das nächste Mal noch später an. Wir haben vereinbart, dass sie am 14. September noch einmal gemeinsam mit Verrockt bei uns spielen. “

Zeit, an dieser Stelle mal dem Kultur- und Heimatverein zu danken für die Initiative, die Kneipennacht nun schon zum 12. Mal zu organisieren. Auf Jens Böhme liegt die organisatorische Hauptlast in Zeiten immer strengerer Auflagen und Vorgaben – auch wenn seitens der Stadtverwaltung Hindernisse im Rahmen der Möglichkeiten ausgeräumt werden und Unterstützung weitgehend gewährt wird. Es ist immer so: begeisterte Mitmacher finden sich, aber den Hut aufzuhaben, ist immer noch eine andere Sache. Danke, Kultur- und Heimatverein, und ganz besonders: Danke Jens, auf diesem Wege!