Als die frisch vermählten Eltern von Heinrich Zille aus Neu-Coschütz kommend nach Radeburg zogen, wurde der Vater Ende August 1852 als Bürger unter dem Namen Zill registriert.[1] Unter selben Namen wurde auch die erste, bereits 12 Wochen später tot geborene Tochter der jungen Familie im Kirchenbuch eingetragen. Die nachfolgenden Kinder Fanny, geboren am 2. Oktober 1854, und Heinrich, geboren am 10. Januar 1858, wurden im Taufregister der Kirche von Radeburg jedoch mit dem Familiennamen Zille vermerkt, allerdings mit einer Besonderheit: Im Vergleich mit den vor- und nachstehenden Namen scheint es, als ob das »e« später hinzugefügt wurde. Denn während bei allen anderen Namen nach dem letzten Buchstaben ein kleiner Freiraum bis zum folgenden Komma bleibt, ist dieser Zwischenraum hier nicht vorhanden; vielmehr steht das »e« schon auf dem Komma.
Wie kam es zur falschen Schreibweise?
Der Vater Johann Traugott wurde am 5. Dezember 1824 in Colditz geboren und zwei Tage später bei seiner Taufe mit dem Familiennamen Zille erfasst.[2] Ebenso wurde 1852 in seiner Heimatkirche Colditz beim Aufgebot, dem nach Kirchenrecht notwendigen dreimaligen öffentlichen Bekanntmachen einer beabsichtigten Eheschließung, der Name mit »e« geschrieben.
Jedoch wurde gleichzeitig im Kirchenbuch von Pesterwitz der Name des Bräutigams »Zill« notiert. Ob das »e« in Pesterwitz durch undeutliche sächsische Sprechweise verloren ging, oder aber der Schreiber des Kirchenbuches einer Verwechslung unterlag, sei dahin gestellt. Auf letzteres deutet freilich ein Sachverhalt hin: bereits am 20. Mai 1849 wurde für den sechs Tage zuvor geborenen Ludwig Theodor Heinitz der Schlossergeselle Theodor Zill aus Potschappel als Taufpate eingetragen.[3] Das wiederholte sich am 5. November 1850, als Theodor Zill, jetzt Uhrmachergehilfe in Potschappel, Taufpate für die am 28. Oktober 1850 geborene Hedwig Florentine Heinitz wurde.[4] Somit war dieser Theodor Zill, von dem außer dem Namen keine weiteren Daten bekannt sind, eng mit der Familie Heinitz verbunden. Als dann knapp zwei Jahre später aus eben dieser Familie Heinitz die Tochter Ernestine Louise mit ihrem Bräutigam Zille vor den Traualtar trat, scheint es infolge der Namensähnlichkeit eine Verwechslung gegeben zu haben.
Die falsche Schreibweise wurde möglicherweise vorerst nicht moniert, um kein Aufsehen zu erregen und unangenehme Nachfragen zu vermeiden. Denn die oben erwähnte erste Geburt in der Familie belegt, dass die Braut zum Zeitpunkt der Verehelichung nicht mehr Jungfrau war, was den damaligen gesellschaftlichen Normen widersprach und offensichtlich durch den schnellen Wegzug aus Neu-Coschütz »unter der Decke gehalten« werden sollte.
Korrektur der Notation
Mit dem Umzug der Familie von Radeburg nach Dresden war der Erwerb eines Grundstücks in der Großen Ziegelgasse verbunden. Dieser Kauf wurde 1861 wie auch der Weiterverkauf 1863 im Grund- und Hypothekenbuch[5] noch unter dem Namen Zill registriert. Gleichwohl wurde zur Gewissheit, was sich bereits im Kirchenbuch von Radeburg andeutete: bei einer Abschrift der Trauung in Pesterwitz[6] wurde gegenüber dem Original ein »e« an den Familiennamen angehängt. Auch bei allen anderen Dokumenten zur Familie Zille, die sich im Stadtarchiv Dresden befinden, wurde der Name »Zille« geschrieben. Spätestens an dieser Stelle ist klar, dass die Familie die mehr oder weniger versehentliche Kürzung nicht mehr hingenommen hat.
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Weiterführend: https://heinrich-zille.info/verwirrung-um-den-namen-der-familie
[1]Heimatmuseum Radeburg.
[2]Kirchenbuch Colditz, Taufen 1816 – 1826.
[3]Taufbuch 507 der Ev.-Luth. St. Jakobuskirchgemeinde Pesterwitz 1848-1856.
[4]Ebenda.
[5]Amtsgericht Dresden, Grundbuchamt.
[6]Stadtarchiv Dresden, Gewerbeamt A, Bürger- und Gewerbeakten, Signatur 2.3.9 Nr.: Z.881.