Mittel-Ober-Ebersbach: Gedenksteine eingeweiht: Ebersbach erinnert an 102 Gefallene und mahnt zum Frieden

Am Volkstrauertag, Sonntag, dem 16. November 2025, haben die Bürger von Ober- und Mittelebersbach am Denkmal in Ober-Mittel-Ebersbach die neuen Gedenksteine für die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges eingeweiht. Zugleich wurde das bestehende Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges nach grundlegender Sanierung wieder der Öffentlichkeit übergeben.

Die stellvertretende Bürgermeisterin Manuela Stelzner bei ihrer Rede.

Die stellvertretende Bürgermeisterin Manuela Stelzner bei ihrer Rede.

In Vertretung des urlaubsbedingt abwesenden Bürgermeisters begrüßte die stellvertretende Bürgermeisterin Manuela Stelzner die zahlreichen Anwesenden. Sie erinnerte daran, dass Denkmäler nicht nur die erfreulichen Kapitel der Vergangenheit zeigen: „Denkmäler erzählen uns unsere Geschichte. Denkmäler erzählen uns auch den traurigen, schweren, belastenden Teil unserer Geschichte.“

Manuela Stelzner: Denkmal ist auch Warnung

Mit Blick auf das neue Denkmal für die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs formulierte sie Anspruch und Zweck der Anlage: „Mit dem neuen Denkmal möchten wir an die Verletzungen und die damit verbundenen Schmerzen, Qualen und das Leid, die dieser verheerende Krieg mit sich brachte, für heute und alle Zeit erinnern und mahnen.“

Konkret werde hier in Ober-Mittel-Ebersbach nunmehr über 80 größtenteils jungen Männern gedacht, „die unsere Söhne, Väter, Großväter und Urgroßväter waren“. Zugleich richte sich das Gedenken an alle Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, von Flucht und Vertreibung aller Nationen – an eine Tragödie, die weltweit zwischen 1939 und 1945 mehr als 55 Millionen Menschen in den Tod riss. Angesichts der veränderten Sicherheitslage der letzten Jahre betonte Stelzner die Warnung, die vom Denkmal ausgehen solle: Wir dürften den Frieden nicht als Selbstverständlichkeit sehen, sondern müssten stetig am Erhalt arbeiten; der Appell der Mahnung müsse weit über den Volkstrauertag hinaus ein fester Bestandteil unseres Denkens und Handelns sein.

Die Sanierung des alten Denkmals und die Errichtung der neuen Gedenksteine gehen maßgeblich auf den Ebersbacher Heimat- und Mühlenverein zurück. Stelzner würdigte besonders Michael Wirthgen als „Mann vor Ort und stets an der Sache dran“, ohne den man heute nicht so weit wäre. Rund 30.000 Euro wurden insgesamt investiert. Etwa 75 Prozent der Kosten konnten über das Engagement der Gemeinde im Dresdner Heidebogen aus dem Förderprogramm „Vitale Dorfkerne“ gedeckt werden, weitere 25 Prozent kamen über den Heimat- und Mühlenverein aus Geldspenden von Angehörigen der Gefallenen sowie von Bürgern und Firmen aus der Gemeinde und darüber hinaus.

Michael Wirthgen: Vom Beinahe-Scheitern zum fertigen Denkmal

Initiator Michael Wirthgen schilderte in seiner Ansprache den langen Weg bis zur Realisierung. In Niederebersbach seien die Gedenksteine für die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs bereits 2019 eingeweiht worden; in Oberebersbach jedoch hätten sich zunächst Grundstücksfragen und Anforderungen des Denkmalschutzes in die Länge gezogen. „Wir waren dann mit der Firma Witschel einige Male hier, dann immer wieder dieses Hin und Her mit dem Denkmalschutz und irgendwann waren wir dann wirklich frustriert und die Sache drohte zu scheitern.“ Der Wendepunkt sei mit Blick auf das 80. Kriegsende-Jubiläum gekommen: Wenn man es jetzt nicht schaffe, werde es wohl nie mehr etwas. Man habe sich vorgenommen, „diese Steine stellen wir auf jeden Fall, egal was mit dem alten Denkmal vom Ersten Weltkrieg wird“.

Während im Hintergrund Fördermittel beim Dresdner Heidebogen beantragt wurden, begann der Verein bereits mit der Spendenwerbung. Als die Fördermittel bewilligt waren, sei klar gewesen, dass auch das alte Denkmal mitrestauriert werden könne. Mittlerweile, so Wirthgen, hätten 115 Personen namentlich gespendet. Besonderen Dank richtete er an die Firma Witschel, die die Steinmetzarbeiten ausführte, an Komplettbau Ebersbach mit Herrn Partzsch für Koordination und Abstimmung, an die Gemeinde, an den Radeburger Anzeiger für die begleitende Berichterstattung sowie an alle Helferinnen und Helfer vor Ort. Wirthgen band auch die Ebersbacher Kirchenglocke in die Erinnerung ein. Sie sei 1947 von der Familie Wende gestiftet worden, nachdem die alten Glocken im Krieg verloren gegangen waren. Ihre Inschrift erinnere namentlich an einen der jüngsten Gefallenen: „Zu Gottes Ehr uns im Gedächtnis schalle – für Günter Wende und die Gefallenen alle.“

Pfarrer Maurer: Krieg ist „Feind alles Lebens“

Pfarrer Eric Maurer stellte in seiner Ansprache die moralischen Dimensionen des Gedenkens heraus. Ausgehend von dem oft zitierten Satz von Karl von Clausewitz, Krieg sei „Politik mit anderen Mitteln“, zeichnete er nach, wie sich das Verständnis von Krieg gewandelt habe. Früher sei Krieg häufig als schicksalhaftes oder göttliches Geschehen verstanden worden. Clausewitz hingegen knüpfe den Krieg an menschliche Verantwortung: Krieg falle nicht einfach vom Himmel, sondern werde von Politikern und Machthabern gewollt. Industrie und Forschung lieferten die Technik, Offiziere setzten mit Strategie und Ausbildung den politischen Willen um, und die Soldaten hätten die Aufgabe, Befehle zu befolgen – mit dem Einsatz ihres Lebens. „Krieg ist der Feind alles Lebens“, fasste Maurer zusammen.

Gerade mit Blick auf die Gefallenen aus Ober- und Mittelebersbach, die ihr Leben für den politischen Willen einer Partei und einer Ideologie lassen mussten, sei es unsere Aufgabe, neu zu überlegen, was wir tun können, um solche Entwicklungen zu verhindern. Als Christen seien die Menschen zur Versöhnung berufen, damit Gewalt und Terror nicht das letzte Wort behielten, sondern Vergebung und Frieden. Unterschiede solle man als Bereicherung und Ergänzung sehen: „Wir sollen einander annehmen, wie wir sind“, sagte Maurer. Er schloss seine Rede mit einem Gebet, in dem er um Bewahrung, um Mut zum Frieden und darum bat, dass die neuen Steine ein Ort der Erinnerung und zugleich eine Mahnung sein mögen, sich im Alltag für den Frieden einzusetzen.

Roland Drobisch: sehr schwierige Zeit, wenn Parteien der Mitte aufrüsten

Der Vorsitzende des Ortschaftsrats Ebersbach, Roland Drobisch, erinnerte an die konkreten Schicksale hinter den nun eingravierten Namen. „Es wurde Zeit“, begann er, „80 Jahre nach Kriegsende haben wir es geschafft, die Gedenksteine der gefallenen Soldaten des Zweiten Weltkrieges aufzustellen.“ Insgesamt 102 Ebersbacher würden nun an den Denkmalen namentlich genannt – 80 Gefallene aus Ober- und Mittelebersbach sowie 22 Gefallene aus Niederebersbach. „Das sind Schicksale von Männern, die gingen und kamen nicht wieder.“ Acht Familien hätten zwei Angehörige verloren, entweder zwei Brüder oder Vater und Sohn.

Roland Drobisch nannte ausdrücklich das jugendliche Alter mancher Gefallener und erinnerte daran, dass viele zunächst als vermisst galten, bis sie später für tot erklärt wurden. Das Sterben sei nach dem 8. Mai 1945 in den Lagern der Siegermächte weitergegangen, die Heimkehr der Kriegsgefangenen habe sich bis 1949 hingezogen. Rund 200 Männer aus der Gemeinde seien zurückgekehrt, teilweise verwundet und gezeichnet von Hunger und Krankheit. Psychologische Hilfe habe es damals nicht gegeben – „sie wurden gebraucht, denn die Arbeit musste gemacht werden“. Familien, Kirche und insbesondere die Vereine hätten Trost gespendet und das Dorfleben mit Sport, Gesang, Konzerten, Fasching, Skatabenden und dem schlichten Miteinanderreden wieder zum Laufen gebracht.

Mit Blick auf die Gegenwart verwies Drobisch auf die Friedenslinde oben am Berg, die seit einiger Zeit „kränkelt“ – für ihn ein Sinnbild der schwierigen Zeiten, in denen wir leben. „Es ist schon eine sehr schwierige Zeit, wenn gewählte Parteien der Mitte aufrüsten“, sagte er, und rief dazu auf, keine Angst zu haben, sondern Mut und Entschlossenheit zu zeigen, etwas für den Frieden zu tun. Seine Rede schloss er mit einem Wunsch, der zugleich Mahnung ist: „Ich wünsche uns allen weiterhin dauerhaften Frieden.“

Ausstellung im Gemeindehaus noch bis 7. Dezember

Im Anschluss an die Einweihung hatten die Besucher die Möglichkeit, im Gemeinderaum eine kleine Ausstellung mit Dokumenten, Bildern und historischen Hinweisen zu den Gefallenen und zur Geschichte des Denkmals zu betrachten.

Die Ausstellung ist noch bis zum 7. Dezember an den Sonntagen zu besichtigen. An diesem Sonntag, 23. November, von 10 bis 17 Uhr, an den weiteren 14 bis 17 Uhr.

Am Volkstrauertag 2025 in Ober-Mittel-Ebersbach wurde nicht nur ein saniertes Denkmal und neue Gedenksteine eingeweiht. Die Redner machten deutlich, welche Ambition damit verbunden ist: Das Denkmal soll die Gefallenen des Ortes sichtbar erinnern, ihre Geschichten und das Leid ihrer Familien im Bewusstsein halten und zugleich die lebenden Generationen ermahnen, den Frieden aktiv zu schützen und sich Gewalt und Krieg entgegenzustellen – in Ebersbach und weit darüber hinaus.