Kräfteverschiebung in den Parlamenten weg von den Volksparteien

Europa, Landkreise, Kommunen – die Breite der demokratischen Ebenen stand zur Wahl und die politischen Befindlichkeiten in unserem Land schlugen bis in die Stadt- und Gemeindeparlamente durch.

Foto: Alexander Hauk

Foto: Alexander Hauk

Die Bürger waren politisiert wie lange nicht. Ein „Rechtsruck“ wurde befürchtet oder erhofft – je nach politischer Einstellung. Von einer „Schicksalswahl“ war die Rede und das Gespenst des Zerfalls der EU wurde an die Wand gemalt. Unzufriedene wollten Zeichen setzen. Heraus kam eine hohe Wahlbeteiligung – mit rund 50% europaweit die höchste seit 1999, nachdem das Interesse an Europa über Jahre immer weiter gesunken war. Herausgekommen ist, dass die Volksparteien europaweit signifikant verloren. Die EVP, zu der CDU und CSU gehören, fiel von 216 auf 179 Sitze, die Sozialdemokraten von 187 auf 153. Im Gegensatz zu dem angeblichen grandiosen Wahlsieg der Grünen in Europa waren die Gewinner die Liberalen. Mit dem Zugewinn von 37 Sitzen auf nun 105 bleiben sie drittstärkste Kraft. Die in ENF und EFDD gespaltene Rechte kommt zusammen auf 112 Sitze. Die ENF, zu der die Frauke-Petry-Partei „Die Blauen“, die FPÖ und die Lega Nord gehören, und die EFDD, zu der neben der AfD der Front National von Le Pen und die englische Prexit-Partei UKIP gehören, gewannen zusammen 34 Sitze hinzu. Die Grünen gewannen 17 Sitze hinzu, während die Linken gleichzeitig 14 Sitze verloren. Es kam also kumuliert zu einem Zugewinn rechts, der aber so marginal ausfällt, dass es in der EU im Wesentlichen wohl so weiter gehen wird wie bisher.

Deutschland eint mit dem EU-Ergebnis nur der große Verlust für die Volksparteien. So gab es ein gänzlich anderes Ergebnis mit deutlichen Gewinnen für die Grünen im Westen und für die AFD im Osten. Beide Parteien werden jeweils zweitstärkste Kraft in ihrer Region. Deutschland macht einen gespaltenen Eindruck, was viele Fragen aufwirft. Die Politik schlug auch stärker als bisher in die kommunale Ebene durch. Der Wahlerfolg der AfD im Osten macht um unsere Region keinen Bogen.

Die Stimmenanteile für den Kreistag Meißen insgesamt und wie die Kommunen unserer Region dazu beitrugen, zeigt die Grafik „Kreistag: Stimmenanteile Meißen – gesamt und aus den Kommunen“ unter "So wurde der neue Kreistag gewählt". 

Die Ergebnisse des Stadtrates Radeburg siehe unter "Alle gewinnen Stimmen hinzu, außer die CDU, doch die bleibt stärkste Kraft.

So wurde der neue Kreistag gewählt

So wurde der neue Kreistag gewählt

(zum Vergrößern der Tabelle am PC: drücken Sie bitte STRG und + bzw. CTRL und + am Smarthone: in Querformat drehen)

Auch im Landkreis ist die AfD der große Gewinner. Sie hat ihre Sitze von 7 auf 23 mehr als verdreifacht. Die Grünen gewinnen drei Sitze hinzu und haben jetzt 7. Die drei bisher tonangebenden Parteien verlieren – CDU von 39 auf 27, DIE LINKE von 14 auf 9, die SPD von 8 auf nur noch drei Mandate. DIE LINKE ist nur noch drittstärkste Kraft hinter CDU und AfD. Die SPD fällt sogar noch hinter Freie Wähler (8), GRÜNE (7) und FDP (6 Sitze) zurück.

Weitere Verlierer sind die NPD, die nur noch 1 Sitz (bisher 3) halten kann und die DSU, deren Sitz mit Achim Weigel, Bürgermeister von Schönfeld, direkt an die AFD geht. Achim Weigel ist mit 6422 Stimmen der erfolgreichste Bewerber aus unserer Region (Wahlkreis 7 und 8).

Ebenfalls in den Kreistag geschafft haben es die Bürgermeister Falk Hentschel (CDU, Ebersbach) und Dirk Mocker (Freie Wähler, Thiendorf). Für die CDU sind aus unserer Region außerdem der Tauschaer Fleischer Christoph Schempp und der Bärwalder Landwirt Christian Damme mit dabei. Ebenso der stellvertretende Bürgermeister von Moritzburg, der Elektromeister Volker John. Für DIE LINKE ist aus Radeburg der Landwirt Rüdiger Stannek dabei, für die AfD außer Weigel, auch noch der Schönfelder Unternehmer Gerald Bauer und der Naturschützer Karl-Heinz Rutsch aus Kalkreuth.

Damme und Stannek sind somit die einzigen verbliebenen Vertreter Radeburgs im neuen Kreistag. (siehe „Kreistag: Gewonnene Sitze der Kandidaten unserer Region“)

Kreistag: Gewonnene Sitze der Kandidaten unserer Region

Kreistag: Gewonnene Sitze der Kandidaten unserer Region

Listenplatz / Name / Stimmen / Status / Rang

CDU:

3 aus dem Wahlkreis 8 (Radeburg, Ebersbach, Thiendorf, Schönfeld, Lampertswalde)

1 Hentschel, Falk 3636 Gewählt 7
2 Schempp, Christoph 1644 Gewählt 17
6 Damme, Christian 1774 Gewählt 12

3 aus dem Wahlkreis 7 (Moritzburg, Weinböhla)

1 Zenker, Siegfried 4977 Gewählt 5
4 John, Volker 1525 Gewählt 19
5 Franke, Reinhart 1650 Gewählt 16

AfD

3 aus dem Wahlkreis 8 (Radeburg, Ebersbach, Thiendorf, Schönfeld, Lampertswalde)

1 Weigel, Hans-Joachim 6422 Gewählt 1
2 Bauer, Gerald 2531 Gewählt 17
4 Rutsch, Karl-Heinz 1223 Gewählt 2

2 aus dem Wahlkreis 7 (Moritzburg, Weinböhla)

1 Meyer-Overheu, Petra Angelika 4508 Gewählt 2
2 Oehlcke, Peter 3545 Gewählt 7

DIE LINKE

1 aus dem Wahlkreis 8, 0 aus dem Wahlkreis 7

1 Stannek, Rüdiger 1677 Gewählt 9

Freie Wähler

1 aus dem Wahlkreis 8, 0 aus dem Wahlkreis 7

1 Mocker, Dirk 2438 Gewählt 2

GRÜNE

0 aus dem Wahlkreis 8, 1 aus dem Wahlkreis 7

1 Mallon, Falk 2511 Gewählt 3

Anmerkung der Redaktion: Alle Kreistagsergebnisse vorläufig!

Radeburg: Alle gewinnen Wähler hinzu, außer CDU, doch die wird stärkste Kraft

Radeburg: Alle gewinnen Wähler hinzu, außer CDU, doch die wird stärkste Kraft

Im Radeburger Stadtrat spiegelt sich ebenfalls die öffentliche Meinung über die Große Koalition in Berlin und das ostdeutsche Protestwahlverhalten. Die Sacharbeit der einzelnen Abgeordneten wurde kaum honoriert. Der einzige AfD-Kandidat in Radeburg, Uwe Riemer, erhält im Vergleich aller Kandidaten die meisten Stimmen, obwohl er im politischen, geistig-kulturellen oder Vereinsleben Radeburgs bisher eher nicht in Erscheinung getreten ist. Mit 2249 hatte Uwe Riemer, der in Ebersbach eine Installationsfirma betreibt, mehr Stimmen als DIE LINKE und die SPD zusammen und das, obwohl diese Parteien mit Rüdiger Stannek (803) und Michael Ufert (698) nach Stimmen die zweit- bzw. drittplatzierten Bewerber stellten. Die LINKE behielt zumindest ihre Sitze, die SPD musste einen Sitz abgeben, die CDU drei.

Von den vier freiwerdenden Plätzen kann der AfD-Mann aber nur einen besetzen, so dass das Radeburger Parlament künftig nur 15 Stadträte hat, die sich die Arbeit im Rat und in den Ausschüssen teilen müssen. (Endgültiges Wahlergebnis Radeburg - PDF)

Durch die hohe Wahlbeteiligung trat noch ein Phänomen auf: trotz der in % sinkenden Anteile haben die absoluten Zahlen zum Beispiel für SPD und DIE LINKE gegenüber Vorwahlen sogar zugenommen. Ein Zeichen dafür, dass das von der AfD besonders im Osten besetzte Thema Flüchtlinge und das zuletzt medial gepushte Thema Klimawandel Menschen politisiert hat, die sonst der Politik eher gleichgültig gegenüberstehen.

Doch der Erfolg der AfD zeigt umso eindringlicher, dass die etablierten Parteien des Ostens, die CDU und DIE LINKE, die Masse der Bürger nicht mehr erreichen. Dass, wie gesagt, etwa die Hälfte aller Wahlberechtigten zur Wahl gegangen ist, ist zwar ein Erfolg gegenüber 1/3 bei den Wahlen 2014, aber doch immer noch nur die Hälfte. Eine wirklich deutliche Legitimation ist auch das noch nicht. Wie sich die kommunalen Parlamente auch der Nachbargemeinden zusammensetzen, finden Sie in der Übersicht „Stadt- und Gemeinderatswahlen: Zusammensetzung der kommunalen Parlamente“.

Stadt- und Gemeinderatswahlen: Zusammensetzung der kommunalen Parlamente

Stadt- und Gemeinderatswahlen: Zusammensetzung der kommunalen Parlamente

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Ebersbach: Gemeinde- und Ortschaftsräte gewählt

Ebersbach: Gemeinde- und Ortschaftsräte gewählt

In Ebersbach verliert die CDU zwei Sitze und kommt auf 8, die Feuerwehr verliert 1 von ehemals zwei Sitzen, die FDP verliert ihr Mandat und DIE LINKE hat gar keinen Kandidaten mehr aufgestellt. Gewinner sind hier die AfD, die alle ihre drei Kandidaten künftig im Gemeinderat hat und die Freie Wählergemeinschaft, die von 4 auf 6 Sitze wächst. (Endgültiges Wahlergebnis Gemeinderat -PDF).

Weitere Ergebnisse in Ebersbach: