Wer ist zuständig für den Schülerverkehr?

In der regionalen Presse und in den sozialen Medien schlug in den letzten Wochen ein Thema hohe Wellen, das sich im Nachhinein als ein schon lange schwelendes Problem herausstellte: der Schülerverkehr nach Radeburg über Kreisgrenzen hinweg. Eskaliert war das Thema, nachdem eine Pressemeldung erschien, dass ein Busfahrer der Linie 308 zwei Grundschüler wegen Überfüllung des Busses an der Haltestelle stehen ließ.

Wo diese Schilder stehen, wird man mitgenommen - fast immer.

Wo diese Schilder stehen, wird man mitgenommen - fast immer.

Auslöser des Dilemmas soll gewesen sein, dass zwei auf der Linie 308 (Radeberg - Radeburg) im Abstand von einer halben Stunde verkehrende Busse seit Schuljahresbeginn mit erheblicher Verspätung verkehren, so dass die Schüler sich gezwungen sahen, den früheren der beiden Busse zu nehmen. 95 Zilleschüler und 25 Grundschüler sind in zwei Bussen mit ca. 70 bis 75 Stehplätzen nicht so zu verteilen, dass alle 120 (plus sonstige Fahrgäste) in einen Bus passen. So extrem war es zwar (noch) nicht, aber die zwei stehen gelassenen Schüler waren an verschiedenen Stellen Anlass, die Problematik ernst zu nehmen.

Dr. Kerstin Thöns, Pressesprecherin des Landratsamtes Meißen sagte zu dem Vorfall, er gehe „auf ein singuläres Ereignis am 11.8.2016 zurück. Dort sind zwei Mittelschüler, nicht Grundschüler, mit dem Bus um 7:15 Uhr (der 7:26 an der Grundschule ist – im Folgenden „Grundschulbus“ – d. Red.) nicht befördert worden. Der Bus soll aber nicht überfüllt gewesen sein. Ursächlich ist wohl das leider häufig anzutreffende Verhalten der Schüler, nicht im Fahrzeug aufzurücken. Ob und inwieweit der Fahrer erkennen konnte, dass diese Schüler mitfahren wollen, ist nicht mehr im Nachgang feststellbar. Hier widersprechen sich die Aussagen des Fahrpersonals und von Dritten. Konkrete schriftliche Beschwerden liegen uns nicht vor.“ Trotzdem werte das Beförderungsunternehmen RVD das Vorkommnis mit dem Fahrpersonal (hier auch mit der Geschäftsleitung des betrauten Subunternehmers TRD) entsprechend aus, informiert Thöns.
Im „Normalfall“ hätten die beiden Mittelschüler mit dem 30 Minuten später fahrenden Bus noch pünktlich die Schule erreicht... Aber eben nur im „Normalfall“, der derzeit nicht ist.

„Zuständiger federführender Aufgabenträger für die Linie 308 ist der Landkreis Bautzen, obwohl der größte Anteil der Fahrplanleistungen auf dem Gebiet der kreisfreien Stadt Dresden liegen,“ (Kreis Bautzen ca. 27%, Meißen 11%) teilt die Pressesprecherin außerdem mit. In Bautzen wiederum erfährt man, dass das Problem von verspäteten Bussen durch Straßensperrungen entstand, die bei der Planung für das Schuljahr 2015/16 nicht ausreichend beachtet wurden. Durch das Aufwachsen der Verspätungszeit in den Umläufen der Busse sei die Fahrt zur Oberschule leider besonders betroffen. Im Übrigen fühlte man sich aber nicht zuständig. „Für den Schülertransport der Großdittmannsdorfer Kinder ist der Landkreis Meißen zuständig, also nicht wir als Landkreis Bautzen,“ teilt Franziska Snelinski, Leiterin des Büros von Bautzens Landrat Michel Harig mit. Die Schüler aus Medingen werden nicht erwähnt.

Der Schulleiter der Zilleschule, Michael Ufert, hat auf den eingangs genannten besonderen Vorfall hin veranlasst, dass alle Klassenlehrer die Oberschüler dahingehend belehren, dass im Bus nach hinten durchzurücken ist, dass im „Grundschulbus“ die Sitzplätze den Grundschülern angeboten werden sollen und dass möglichst mit dem zweiten Bus (im Folgenen „Oberschulbus“ - d. Red) gefahren werden soll, der planmäßig 7:54 Uhr am Rathaus hält und nicht zur Grundschule fährt.

Planmäßiger Unterrichtsbeginn an der Zilleschule ist 8:05 Uhr. Den Lösungsvorschlag der Landratsämter, den Schulbeginn an der Zilleschule doch auf 8:15 Uhr zu verlegen, lehnt Schulleiter Ufert vehement ab. „Wir haben Schüler aus allen Himmelsrichtungen und der Schulbeginn 8:05, eigentlich eine komische Zeit, ist ein mit viel Mühe mit den Busunternehmen ausgehandelter Kompromiss. Wenn wir die Zeiten weiter nach hinten verschieben, verschieben wir das Problem in den Nachmittag, wo dann auch die Abholzeiten wieder passen müssen. Auch da hatten wir jetzt einen Fall, dass Schüler nicht mitgenommen wurden.

Ufert sieht im Übrigen die Diskussion über die Verspätungen als „Nebenschauplatz“ an.

„Das Problem mit der Verspätung wird sich mit dem Ende der Baumaßnahmen wahrscheinlich erledigen, aber bleiben wird, dass der Oberschulbus von der Kapazität her zu klein ist, um alle 95 Medinger und Großdittmannsdorfer Oberschüler zu transportieren.“

Man könne froh sein, dass viele Oberschüler aus unterschiedlichen Gründen schon mit dem Grundschulbus mitfahren. Da es normaler Linienverkehr ist, könne man niemanden zwingen, einen bestimmten Bus zu nehmen, so der Schulleiter.

Auf Facebook gab ein User sogar den Hinweis, dass Stehengelassene auf Kosten des Landkreises Meißen (bzw. bei Medingen auf Kosten des Landkreises Bautzen) dann ein Taxi nehmen könnten, weil der Kreis seinen Pflichten zur Schülerbeförderung nicht nachgekommen ist.

Der Landkreis Meißen, bei dem 95 Fahrkarten für den Schülerverkehr bestellt worden sind, wird schauen müssen, ob er die Bestellung an den federführenden Landkreis Bautzen weitergegeben hat. Wenn ja, ist der Ball wieder im Bautzner Spielfeld, denn der hätte dann merken müssen, dass im eingesetzten Bus etwa 20 Plätze fehlen.

Noch ist die Lage nicht wirklich eskaliert, aber auch Frau Dr. Thöns räumt ein, dass sie sich zuspitzen könnte, wenn im Winterhalbjahr auch die derzeit noch mit dem Fahrrad zur Schule fahrenden Kinder in den Bus steigen wollen.

Problem nicht nur bei der 308

Das Busse, die Schüler über „Zuständigkeitsgrenzen“ transportieren, überfüllt sind, ist nicht nur auf dieser Linie ein Problem, sondern zum Beispiel auch auf der 328 (Hellerau – Volkersdorf – Bärnsdorf – Berbisdorf- Radeburg). Hier verkehrt nur dieser eine Bus, der nächste erst eine Stunde später (an Rathaus: 8:29) Um hier die Auslastung zu „entzerren“, müsste der Schulbeginn auf 8:45 verschoben werden. Allein das zeigt, dass die Verschiebung des Unterrichtsbeginns wirklich keine Lösung ist. Franziska Snelinski macht jedoch erst einmal wenig Hoffnung auf schnelle Änderung: „Eine Studie, die der Landkreis Bautzen gemeinsam mit dem Verkehrsverbund Oberelbe in Auftrag gegeben hat, soll Klarheit in das Bus-Wirrwarr bringen. Die Verträge für die Buslinien im Landkreis Bautzen laufen aber grundsätzlich noch bis Ende 2018. Die Kreisverwaltung trifft bereits jetzt die Vorbereitungen für die Neuausschreibungen. Dabei werden nicht alle Linien auf einen Schlag vergeben, sondern verschiedene regionale Bündel gebildet. Dieser ganze Komplex wird drei Jahre in Anspruch nehmen.“

Die Tatsache, dass aber Schüler an der Bushaltestelle stehen gelassen werden, wollen weder Bautzen noch Meißen hinnehmen. Konkreter sind sie dabei nicht geworden. Hoffen wir, dass die Belehrung und Orientierung, die die Klassenleiter den Schülern gegeben haben, hilft, das Problem zu minimieren, denn bis 30.11. besteht die Ursache der Verspätungen der 308, die Sperrung der B 97 in Ottendorf-Okrilla und die daraus resultierenden Umleitungen, noch weiter. Auf den größeren Bus jedoch wird man wohl bis 2018 warten müssen.