Radeburg: Forum zur Integration: Wir wollen keine Parallelgesellschaften

Ein öffentliches Mitgliederforum des CDU-Kreisverbandes "Chancen und Grenzen der Integration" mit der ehemaligen Grünen-Bundestagsabgeordneten Antje Hermenau und dem Sächsischen Ausländerbeauftragten Geert Mackenroth (CDU) versprach Spannung zu einem viele bewegenden Thema – 12 Stunden vor den Anschlägen von Brüssel.

Podiumsdiskussion mit Reusch, Mackenroth und Hermenau (v.l.)

Podiumsdiskussion mit Dr. Ulrich Reusch, Geert Mackenroth und Antje Hermenau (v.l.)

Gleich zu Beginn der Veranstaltung erklärte der Vorsitzende des CDU-Kreisverbandes, Dr. Ulrich Reusch, den Anwesenden, dass man sich im Vorstand kurzfristig darauf verständigt hatte, die Veranstaltung zu diesem Thema öffentlich zu machen. Leider erreichte diese Kunde die Öffentlichkeit nicht in gewünschtem Maße und so blieben viele Plätze leer, bei einer Veranstaltung, die eine größere Resonanz verdient gehabt hätte.

Immerhin war lokale und regionale Prominenz stark vertreten – vom Landtagsabgeordneten Sebastian Fischer über Landrat Arndt Steinbach, die Ebersbacher Bürgermeisterin Margot Fehrmann bis hin zum ehemaligen Bundestagsabgeordneten Dr. Rainer Jork und Staatsminister a.D. Horst Rasch (alle CDU). Zu den Gästen zählte u.a. Radeburgs Bürgermeisterin Michaela Ritter.

Antje Hermenau,1964 in Leipzig geboren, war in der Wendezeit für die frisch gegründete Grüne Partei Mitglied des Runden Tischs der Stadt Leipzig und kam für die Listenverbindung der Grünen und der Bürgerbewegungen „Bündnis 90” im Herbst 1990 in den Sächsischen Landtag und 1994 für Bündnis90/Die Grünen auch in den Bundestag. Bis September 2014 war sie Fraktionschefin der Grünen im Sächsischen Landtag, als sie alle politischen Ämter niederlegte. Im Januar 2015 trat sie aus der Partei aus.

Im Oktober vergangenen Jahres erschien ihr Buch „Die Zukunft wird anders”. Eine politische Streitschrift, die sich gegen die „politisch Bequemen, Selbstverliebten, Selbstgenügsamen” wendet, wie es Werner Patzelt in seiner Rezension ausdrückte.

Die Jacke wird sich zunächst keiner anziehen wollen, doch schnell wird klar, dass sich ihre Attacke gegen ein Politik-Etablissement wendet, das nicht bemerkt, dass sich die Vorzeichen von Fortschrittlich und Rückschrittlich allmählich vertauschen und schon vertauscht haben. Ihre Erwartungen richtet sie an einen „aufgeklärten Konservatismus”. Eher an das linke Spektrum gerichtet fordert sie, sich „nicht moralisch zu versteigen” sondern lösungsorientiert zu handeln. Ein Diskurs muss von allen mit der Grundhaltung geführt werden: Jeder könnte Recht haben. Als Beispiel für das was sie meint, sagt sie: „Nicht begehbare Viertel in europäischen Großstädten sind keine Erfindung der AfD, sondern die gibt es.”

Antje Hermenau: Nach den Wahlen ist Sachsenbashing nun vorbei...

Antje Hermenau kann sich weit vorwagen beim Thema „Chancen und Grenzen der Integration”, da sie selbst einen großen Verwandten- und Bekanntenkreis mit „Migrationshintergrund” hat, darunter auch Muslime.

Deshalb kann sie auch überzeugend solche Sätze sagen wie „Es kommen Leute mit einer starken Identität. Das kennen wir so nicht und müssen uns erst einmal wieder fragen, was denn unsre Identität ist. Weil wir Toleranz eingeübt haben, gelten wir aus der Sicht der Zuwanderer für verweichlicht.”

So wirken ihre Worte wohltuend ausgewogen, ohne verbale Faustschläge in irgend eine Richtung. Ihr „Sowohl als auch” kann man nicht als Lavieren oder Taktieren abtun. Es ist wohlüberlegt und an Fakten orientiert.

„15.000 bis 16.000 Zuwanderer braucht Sachen jährlich,” um sein Produktivitätslevel zu erhalten,” sagt sie.

Geerd Mackenroth bestätigte: „30% der im medizinischen Bereich tätigen haben schon jetzt einen Migrationshintergrund. Ohne sie wären die Folgen des demografischen Wandels jetzt schon viel dramatischer spürbar.”

Die Redner erwarten aber auch, dass die, die zuwandern, auch zum Erhalt des Levels beitragen und entweder die Voraussetzungen mitbringen oder bereit sind, sich anzustrengen. Viele sind bereit, aber die, die nicht bereit sind, müssen wieder gehen. Das wird leider selten so klar kommuniziert und viel zu wenig praktiziert.

Deutschland ist ein Land, das hoch geschätzt wird in der Welt, mit hohen sozialen Standards. Das ist ein Verdienst der fleißigen Bürgerinnen und Bürger. Weil das so ist, ist es auch als Einwanderungsland beliebt. Man muss aber aufräumen mit Illusionen bei denen, die aufbrechen im Glauben, dass hier jeder ein Haus, ein Auto und viel Geld bekommt und dass das ganz einfach ist. Es gibt viele mit dieser Illusion, aber eben auch viele, die hier arbeiten und sich das verdienen wollen. „Ich kenne beides,” sagt Hermenau.

„Ich erwarte von jedem, der in Deutschland länger als ein Jahr lebt, dass er unsere Sprache lernt,” sagt sie. Zugleich räumt sie ein, dass das vielen sehr schwer fällt. Sie schildert ein Erlebnis aus Berlin-Kreuzberg, wo weder der türkische Bäcker noch die anderen im Laden befindlichen Personen auf Deutsch sagen konnten, womit ein Blätterteig-Gebäck gefüllt war.

„Hier findet keine Integration statt. Hier sind Parallelwelten entstanden.”

Man möchte heute, nach den Anschlägen von Brüssel, ergänzen: „Und diese nicht funktionierenden Parallelwelten sind es, aus denen heraus die Anschläge von Paris und Brüssel verübt werden und unsere Welt als Ursache ihres Elends ansehen. Womit sie zum Teil sogar Recht haben, denn das diese Gettos entstehen konnten, aus denen nur wenige entkommen, ist das Versagen UNSERER politischen Eliten, die sich gern mit Multikulti-Vorzeigebeispielen schmücken und damit aber nur vertuschen, wie es der breiten Masse der Migranten tatsächlich geht.

Geert Mackenroth konstatiert: „Das soll nicht unsere Zukunft sein und viele Menschen verunsichert, dass wir gegen solche Entwicklungen keinen Plan haben. Die Menschen, die das Land aufgebaut haben, haben einen Anspruch darauf. Und wenn sie den Plan nicht kriegen, regieren sie, wie sie reagieren.”

Dass diese Verunsicherung landauf landab besteht, darüber sind sich die Diskutanten einig. „Sachsenbashing gibt es ja nun nicht mehr,” sagt Hermenau. „Nachdem sich gezeigt hat, dass die Altparteien und auch die Linken überall Federn lassen mussten, auch in den alten Bundesländern und die AFD in sämtliche Parlamente eingezogen ist, dürfte auch im politischen Berlin klar geworden sein, dass in Sachsen lediglich die Art und Weise, wie die Bürger ihren Protest artikulieren, unterscheidet, nicht aber, wie sie denken.”

Auch heute wird in den Medien, wenige Stunden nach den Anschlägen von Paris, wieder gewarnt vor der „Instrumentalisierung” der Ereignisse, aber gewarnt werden müsste eigentlich vor dem massiven Politikversagen.

Mackenroth: Unsere Heimat muss als solche erkennbar bleiben

Als Wege aus dem Dilemma wurden folgende Grundbedingungen genannt:

  • bestmögliche Unterstützung für Personen mit guter Bleibeperspektive muss einhergehen mit konsequenter Rückführung von Personen, auf die das nicht zutrifft;
  • Von Migranten verlangen, dass sie unsere Rechtsordnung anerkennen und verstehen
  • bedingungslose Anerkennung des Grundgesetzes
  • Respekt vor der deutschen und europäischen Kultur als Bedingung für kulturelle Vielfalt
  • Mitwirkungspflicht der Migranten bei der Integration
  • Zurückdrängung und Vermeidung von Parallelgesellschaften

Letztes ist leichter gesagt als getan. Auch wenn nach der massenhaften Zuwanderung abzulehnender Migranten vom Balkan jetzt überwiegend Flüchtlinge kommen, die zu 90% eine gute Bleibeperspektive haben - im Februar lag die Anerkennungsquote der Ankommenden bei drei Viertel – bleibt doch die Frage, ob sie nicht doch wegen der Sprachbarriere und aus soziokulturellen Gründen wieder ihresgleichen suchen und sich schon dadurch die Milieus „finden”, aus denen Parallelgesellschaften werden.

Auch eine Rolle spielte die Kriminalität der Ausländer. Herr Naumann aus Moritzburg schilderte diese am Beispiel der Drogenszene am Wiener Platz. Im Sinne von Hermenau und Mackenroth ist sicherlich richtig, die Themen Ausländerkriminalität und Kriminalität gegen Ausländer mit gleichem Nachdruck zu verfolgen, anzusprechen und nichts zu verschweigen oder zu beschönigen – weder das eine noch das andere. Nur so wird den extremen Lagern der Wind aus den Segeln genommen. Mackenroth forderte, zur Nulltoleranz zurückzukehren und ist sich darüber im Klaren: „Dafür brauchen wir Ressourcen.”

Eine der schwierigsten Fragen, auf die auch diese Runde keine Antwort geben konnte ist die Haltung unserer Gesellschaft zum Islam und zu einem sich auf den Islam berufenden Terror. Dr. Jork sagte in seinem Statement: „Mir fehlt eine Aussage von Personen islamischen Glaubens, die klar sagen, für uns gilt das Grundgesetz und nicht der Koran oder die Sharia.”

Antje Hermenau sagte, dass es leider keine Instanz des Islam in Deutschland gebe, die für alle Gläubigen sprechen könne. Sie kennt aus ihrem Bekanntenkreis „sone und solche”. Sagte aber, dass sie auch Christen kenne, die mit dem einen oder anderen deutschen Gesetz ihre Probleme haben, man nehme nur das Thema Abtreibung. Dass auch im Namen der Christenheit Krieg und Gewalt über andere gebracht wurden und werden, muss auch nicht betont werden.

Geerd Mackenroth sagte: „Es ist nonsense, anzunehmen, das wir, dass unsere Gesellschaft sich nicht verändern müsse, um die Zuwanderung zu bewältigen. Aber unser Land muss als Heimat erkennbar bleiben. Die Chancen, dass das gelingen kann, sind da, wenn wir zu einem veränderten Verhältnis von zwischen Volk und Politik kommen.”

Dazu gehört, dass man die Bürger nicht von oben herab belehrt, sondern zuhört, dass man einen Plan hat und diesen zur Diskussion stellt und nicht einfach sagt „Wir schaffen das!” ohne sich über das WIE zu verständigen, auch wenn das mancher ganz toll findet.