Glückwünsche der Stadt - nur noch unpersönlich?

Liebe Leser,

immer wieder kommen Senioren in unsere Redaktion, die teils aufgeregt, teils auch nur traurig ihr Missfallen darüber kundtun, dass es im Radeburger Anzeiger eine jahrzehntealte Tradition nicht mehr gibt: die Glückwünsche für unsere Senioren. Die Bürgermeisterin wird weiterhin zum 85., 90., 95. und zu jedem darauffolgenden Geburtstag gratulieren. Aber zur Nichtveröffentlichung gehen die Meinungen auseinander. RAZ bietet eine (vorläufige) Lösung an.

In dieser Form gratuliert die Stadtverwaltung seit August den Jubilaren des Monats.

"Dank" neuer Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gratuliert die Stadt Radeburg den Senioren nur noch in dieser unpersönlichen Form - auf Empfehlung des Sächsischen Datenschutzbeauftragten.

Besonders traurig gestimmt hat uns ein Leser, der mit Blumen kam und erklärte, dass er sogar dafür sammeln würde, wenn das Geld für die Bekanntmachung nicht reicht. Wir mussten ihm erklären, dass es aber am Geld nicht liegt. Vielmehr liegt es daran, dass der Sächsische Datenschutzbeauftragte infolge der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu einer Neuinterpretation des Bundesmeldegesetzes (BMG) gefunden hat. Auf der Grundlage dieser rechtlichen Würdigung (Art. 6 DSGVO Rechtmäßigkeit der Verarbeitung von personenbezogenen Daten) entschied die Stadt, die Jubilare nicht mehr zu veröffentlichen.

Stellen Sie sich vor, Sie haben einen runden Geburtstag und plötzlich steht ein Enkel vor der Tür, den Sie noch nie gesehen haben und dessen Namen Sie nie gehört haben. Den lachen Sie aus, schmeißen ihm die Tür vor der Nase zu und rufen die Polizei an. Richtig? 

So "normal" handeln leider alte Menschen nicht immer. Vor eineinhalb Jahren wurde der "Erfinder" des Enkeltricks verhaftet. Er soll eine Milliarde(!) Euro ergaunert haben. Trotz Verhaftung läuft der Trick so oder ähnlich weiter. Aber nicht nur der. Hausierer, Vertreter und andere windige Geschäftemacher, die zu einem "Geburtstagspreis" den älteren Herrschaften Dinge anbieten, die "kein Mensch braucht", sind leider Alltag und die Opfer sind oft unsere Senioren. 

Es gibt also gute Gründe, mit der Herausgabe und noch dazu der Veröffentlichung von Daten vorsichtig umzugehen. Deshalb hat die Meldestelle der Stadt Radeburg, gezeichnet Michaela Ritter, Bürgermeisterin, in der aktuellen Ausgabe des Amtsblattes (RAZ 10/2018, Seite 3) folgendes kundgetan:

Bekanntmachung der Stadt Radeburg

Zur Erfüllung ihrer Aufgaben führt die Meldebehörde ein Melderegister, aus dem Auskünfte erteilt werden können.Personen, die mit Haupt- bzw. alleiniger Wohnung in der Stadt Radeburg gemeldet sind, haben gegenüber der Meldebehörde nach Maßgabe der §§ 36, 42, 50, 51 des Bundesmeldegesetzes (BMG) die Möglichkeit, bestimmten Datenübermittlungen zu widersprechen. Der Widerspruch gilt dann bis auf Widerruf.

Widerspruchsrechte bestehen gegen die Übermittlung von Daten an

  • Parteien, Wählergruppen und Trägern von Wahlvorschlägen im Zusammenhang mit Wahlen zum Zwecke der Wahlwerbung ( § 50 Abs. 1 BMG in Verbindung mit § 50 Abs. 5 BMG und § 44 Abs. 1 Satz 1 BMG ). Bei Widerspruch werden die Daten nicht übermittelt.
  • Mandatsträger, Presse oder Rundfunk über Alters- oder Ehejubiläen (§ 50 Abs. 2 BMG in Verbindung mit § 50 Abs. 5 BMG).
    Altersjubiläen sind der 70. Geburtstag, jeder fünfte weitere Geburtstag und ab dem 100. Geburtstag jeder folgende Geburtstag. Ehejubiläen sind das 50. und jedes folgende Ehejubiläum. Bei Widerspruch werden die Daten nicht übermittelt.

Erläuterung: § 50 Abs. 2 BMG regelt nur die Weitergabe bzw. die Übermittlung der erlaubten Empfänger. Er regelt nicht die Veröffentlichung der Jubilare. Hierfür bedarf es einer ausdrücklichen Zustimmung der Person. In der Stadt Radeburg bleibt die Entscheidung zur Nichtveröffentlichung der Jubilare bestehen, damit ist die Gleichbehandlung aller Bürger garantiert. Die persönliche Gratulation der Bürgermeisterin erfolgt weiterhin zum 85., 90., 95. und zu jedem darauffolgenden Geburtstag, wenn der Übermittlung der Daten nicht widersprochen wird.

  • Adressbuchverlage zur Herausgabe von Adressverzeichnissen (§ 50 Abs. 3 BMG in Verbindung mit § 50 Abs. 5 BMG ). Die Mel-debehörde darf gemäß § 50 Abs. 3 BMG Auskünfte erteilen, von allen Einwohnern, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Es werden Familienname, Vorname, Doktorgrad und derzeitige Anschrift übermittelt.Bei Widerspruch werden die Daten nicht übermittelt.
  • eine öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft durch den Familienangehörigen eines Mitgliedes dieser Religionsgemeinschaft (§ 42 Abs. 2 BMG in Verbindung mit § 42 Absatz 3 Satz 2 BMG). Haben Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft Familienangehörige, die nicht derselben oder keiner öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft angehören, darf die Meldebehörde folgende Daten übermitteln: Vor- u. Familienname, Geburtsdatum u. Geburtsort, Geschlecht, Zugehörigkeit zu einer öffentlich rechtlichen Religionsgesellschaft, derzeitige Anschrift, Auskunftssperren nach § 51 BMG sowie Sterbedatum. Bei Widerspruch werden die Daten nicht übermittelt.
  • Das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr zu Zwecke der Übersendung von Informationsmaterial ( § 36 Abs. 2 Satz 1 BMG in Verbindung mit § 58c Abs. 1 des Soldatengesetzes. Dies gilt nur für Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Die Übermittlung erfolgt jährlich zum 31.März zu Personen, die im nächsten Jahr volljährig werden. Bei Widerspruch werden die Daten nicht übermittelt.Die Formulare zur Beantragung erhalten sie in der Meldestelle oder auf der Internetseite der Stadt Radeburg – www.radeburg.de (Formularserver)

 

Strittige Interpretation

Wem das zu viel "Juristendeutsch" ist, der lese im Zusammenhang mit den Jubiläen nur noch einmal die Erläuterung, die nahezu wörtlich vom Datenschutzbeauftragten kommt (entsprechendes Schreiben liegt RAZ vor). Vereinfacht ausgedrückt steht da, dass man die Geburtstage zwar an die Presse herauszugeben hat, aber nicht, dass diese dann veröffentlicht werden dürfen. Welchen Zweck als den der Gratulation aber sollte die Herausgabe haben?

Bei der Veröffentlichung im Amtsblatt handelt es sich außerdem gar nicht im eigentlichen Sinn um eine Herausgabe an die Presse. Die Gratulation erfolgt durch den Bürgermeister und den Stadtrat, also durch die Mandatsträger, in ortsüblicher Weise. Datenschutzexpertin Diana Windelband verweist darauf, dass die Einschränkungen der DSGVO nicht für Behörden in Ausübung ihrer Tätigkeit gelten. (svgl. DSGVO - Art. 6 Fußnote 2). Es gibt also Interpretationsspielraum und wie man in der RAZ-Ausgabe auf Seite 11 sehen kann, sieht die Gemeinde Ebersbach in der Veröffentlichung der Jubilare nach wie vor kein Problem. Michaela Ritter dazu: "Bürgermeister Henschel ist besser ausgebildet und weiß sicher was er tut. Er kann gern den ersten Prozess führen. Ich will es nicht."

Lösung: schicken Sie uns die Erlaubnis zur Bekanntgabe Ihres Jubiläums

Man muss auch der Fairness halber sagen: die Angelegenheit ist für einige Betroffene sicher ärgerlich, aber für die Stadt kein Schwerpunkt. Auf Nachfrage hat sich in der Stadtverwaltung, anders als beim RAZ, noch niemand gemeldet, der sich über die Nichtveröffentlichung beschwert hätte. Auch im Stadtrat oder im Sozialausschuss war es kein Thema. 

Deshalb können wir als Radeburger Anzeiger nur den Weg gehen, dass die Jubilare uns selbst erklären, dass sie mit einer Veröffentlichung einverstanden sind. Sofern Sie einverstanden sind, füllen Sie bitte das unten stehende Formular aus und senden Sie dieses auf beliebigem Weg an unsere Redaktion. Hinweis: das Formular ist von jedem Jubilar selbst auszufüllen und zu unterschreiben.