Die Wahlergebnisse sollten inzwischen jedermann bekannt sein, zumindest jedem, der sich dafür interessiert. Deshalb beschränken wir uns hier auf ein paar „Side Facts“, interessante Nebensächlichkeiten.
Schusslinien und das EU-Europa: von der Leyen und Krah
Es ist vor und nach jeder Wahl eine Gretchenfrage, wie man den Anteil der „großen Politik“ an den „kleineren Wahlen“ einschätzt. Als „kleine Wahl“ gilt im Zweifel auch die so genannte „Europawahl“, an der aber nur Staaten teilnehmen dürfen, die in der Europäischen Union sind.Vielleicht muss man bei der Wortwahl etwas übertreiben, denn in der Regel wird der Einfluss EU-Europas auf unseren Alltag geringer eingeschätzt als der einer Bundestagswahl. Was ein großer Irrtum ist. Erstens beruht dieser Irrtum darauf, dass man selten Konkretes aus Brüssel oder Straßburg erfährt; zweites, wenn schon, dann ist es meistens "beschlossene Sache" und schon zu spät, um etwas daran zu ändern und die nationalen Parlamente sind verpflichtet, die EU-Beschlüsse in nationales Recht umzuwandeln – erst in dem Moment sorgt das in der Öffentlichkeit für Aufregung – und drittens werden in die EU-Ebenen gern Personen transferiert, die man vor Ort aus der Schusslinie haben möchte. Ursula von der Leyen ist vielleicht so ein Beispiel. Wahrscheinlich erinnern Sie, verehrte Leser, sich nicht mehr, dass von der Leyen aufgrund einer Berateraffäre, bei der das US-Unternehmen McKinsey Millionen verdiente mit mutmaßlich sittenwidrigen Tagessätzen von 6000,-€. Richtig zum Skandal wurde die Affäre erst dadurch, dass die Lobbyistin ihre Handydaten gelöscht hatte. Man streitet bis heute, ob es eine glückliche Fügung oder Merkels genialer Plan war, die Frau auf den Posten der EU-Kommissionspräsidentin zu empfehlen – unter Umgehung üblicher demokratischer Spielregeln. Die als „Flintenuschi“ verspottete von der Leyen war damit jedenfalls in Brüssel aus der Schusslinie einer aufklärungswilligen deutschen Öffentlichkeit. Freilich nahm sie ihren „Erfahrungsschatz“ nach Brüssel mit und löschte bei nächster Gelegenheit auch dort alle Daten auf dem potentiellen Beweismittel „Smartphone“, das Aufklärung in ihre umstrittenen Pfizer-Deals hätte bringen können, die möglicherweise zu einem Milliardenschaden für alle EU-Bürger geführt haben könnten. Die Ermittlungen wurden vorübergehend eingestellt – ganz im Gegensatz zu den Ermittlungen, die als „Affäre Krah“ in die Medien kam, obwohl es Aufgabe der Ermittler gewesen wäre, den Abgeordneten zu warnen, dass ein mutmaßlicher chinesischer Spion in seinem Büro arbeitet. Den Nachrichtendiensten war das seit Jahren bekannt, die Ermittlungen wurden aber erst eröffnet, als Krah als Spitzenkandidat feststand. Kein Demokrat, wer bei diesen Doppelstandards Böses denkt?
Das sind nur zwei Beispiele geschickt aus- bzw. eingefädelten Skandale, die zu einem klaren „EU-Wahlsieg“ der CDU führten - und einem gegenüber den Prognosen eingedampften Erfolg der AfD. Als Wahlsieg wird gefeiert, dass die CDU die Zahl ihrer Sitze im EU-Parlament (23) und Platz 1 in der Wählergunst behaupten konnte und Ursula von der Leyen nun erstmals auch demokratisch legitimiert vom EU-Parlament gewählt werden kann.