Erstes Einfamilienhaus in Radeburg gewinnt Strom und Wärme mit Brennstoffzelle

In der Siedlung in Radeburg wurde vor einigen Wochen die erste Brennstoffzelle in Betrieb genommen, installiert von Alexander Partzsch. „Bei erneuerbaren Energien kommen die Wenigsten in Deutschland auf die Brennstoffzelle. Windkraft, Solartechnik und Batterieantriebe dominieren das Thema. Zu Unrecht,“ findet der Installateur – hier im Interview.

Alexander Partzsch erklärt die Brennstoffzelle

Alexander Partzsch erklärt die Brennstoffzelle

RAZ: Ob E-Mobilität oder Windkraft – es gibt bestimmte Techniken, die einen grünen Anstrich bekommen und dann einfach bevorzugt werden, im Zweifel sogar ohne Rücksicht auf die Umwelt. Da werden Wälder abgeholzt – hier für Windräder und Stromtrassen, dort, um an seltene Erden zu kommen, egal, was es uns allen im weitesten Sinne kostet. Liegt es daran, dass Lobbyisten in unserem Land bestimmen, in welche Richtungen bestimmte technische Entwicklungen getrieben werden?

Partzsch: Es ist doch so: Es ist einfacher, einen einmal eingeschlagenen Weg zu gehen, als etwas Neues anzunehmen. Das gilt nicht nur für Politiker. Auch wir als Installateure müssen einen großen Aufwand treiben. Hat man sich einmal für eine Technologie entschieden, dann heißt es, sich auf die Schulbank setzen, sich damit vertraut machen, Zertifikate erwerben. Die kosten Zeit und nicht zuletzt auch Geld – und dann kommt jemand daher und sagt Dir, was Du da machst ist von gestern, mach lieber dies oder das… Dann war der Aufwand ja umsonst.

RAZ: Sie sind nun einer, der etwas Neues hat. Kann das genauso schnell wieder veraltet sein?

Partzsch: Das kann niemand wissen. Es wird ja ständig geforscht und entwickelt. Aber zum jetzigen Zeitpunkt, eigentlich sogar schon seit ein paar Jahren, ist die Brennstoffzelle in vielerlei Hinsicht das Non plus Ultra bei den erneuerbaren Energien.

RAZ: Woran machen Sie das fest?

Partzsch: Der Rohstoff ist Wasserstoff. Es ist – mancher weiß das vielleicht noch aus der Schule, ein Proton, ein Elektron – das Element mit der höchsten Energiedichte, also der effektivste aller denkbaren Brennstoffe; Wasserstoff ist das häufigste Element im Universum, also keine „seltene Erde“; es ist nicht giftig noch ätzend oder radioaktiv, erzeugt weder Stickoxide, noch Feinstaub, geschweige dass Müll oder gar Sondermüll erzeugt oder Endlager wie bei Atomenergie benötigt werden.

RAZ: Da wir in Deutschland ähnlich wie schon beim schnellen Internet auch bei den Erneuerbaren den Anschluss verpasst haben, wäre doch gerade die Brennstoffzelle eine Möglichkeit, wieder eine Spitzenposition zu erreichen, aber aus maßgeblichen Kreisen hört man immer das Argument, dass Wasserstoff gefährlich sei und sich weder zuverlässig noch dauerhaft speichern lässt…

Partzsch: Ja, gerade wegen solcher Argumente ist Deutschland auch hier bereits im Hintertreffen. In Japan gehen die Bürger in den Baumarkt und holen sich ihre Gasflasche für zu Hause, so wie das manche bei uns vom Propangas kennen. Wasserstoff ist aber mehr als doppelt so explosionssicher. Die untere Explosionsgrenze liegt bei Wasserstoff bei 4%, bei Propangas hingegen schon bei 1,7%.

RAZ: Kommen wir noch mal auf die Sauberkeit und Rückstandsfreiheit von Wasserstoff zurück. Das Element ist in der uns unmittelbar umgebenden Natur nicht in freier Form vorhanden, sondern muss erst mit Hilfe anderer Energiequellen gewonnen werden. Damit ist die Ökobilanz von auf Wasserstoff basierenden Technologien nicht automatisch nachhaltig, sondern nur so nachhaltig wie die Primärenergie, aus denen der Wasserstoff gewonnen wird. Für die Brennstoffzelle, wie sie Viessmann anbietet, ist die Wasserstoffquelle Erdgas. Ein fossiler Brennstoff, also keine so genannte „erneuerbare“ Energiequelle.

Partzsch: Das ist richtig. Betrachtet man den Gesamtprozess, kann der Einsatz von Wasserstoff nur so umweltfreundlich sein wie seine Herstellung. Aber er ist auch nicht schlechter. Vor allem gibt es kein Entsorgungsproblem wie giftige Schwermetalle aus Batterien oder bei der Endlagerung von radioaktivem Atommüll. Bei der Brennstoffzelle von Viessmann durchfließt das Erdgas einen so genannten Reformer, der es mithilfe eines Katalysators in Wasserstoff umwandelt. Bei der Umwandlung kommt es zunächst zu einem Gemisch aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid, das in der nachgeschalteten Gasreinigung in Kohlendioxid umgewandelt wird, also ein Abgas, das wir eigentlich nicht wollen. Dennoch ist sie „CO2-Bilanz“ bei der Brennstoffzelle besser als wenn das Gas direkt zum Heizen verwendet wird, schon wegen des Effekts, dass ich in einem Prozess Wärme und Strom gewinne.

RAZ-Faktencheck: „Gemäß einer Erhebung des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2017 liegt der Treibhausgasausstoß in Deutschland für Strom bei 0,76 und für die Heizung bei 1,64 Tonnen CO2 pro Kopf. Eine vierköpfige Familie erzeugt in diesem Bereich folglich bereits 9,6 Tonnen CO2 pro Jahr.
Die Brennstoffzellenheizung ist zwar nicht ganz CO2 -neutral, doch lassen sich dank Kraft-Wärme-Kopplung bis zu 50 Prozent CO2 gegenüber der getrennten Strom- und Wärmeerzeugung einsparen.“
Quelle: http://bit.ly/bzh-co2

RAZ: Die Investition in eine solche Heizung ist auch mit Kosten verbunden. Glauben Sie, dass viele Bürger im Sinne von Greta Thunberg handeln und jetzt ihre alte Heizung gegen eine Brennstoffzelle tauschen, um ihren CO2-Ausstoß zu halbieren?

Partzsch: Tatsächlich gibt es Kunden, die das anscheinend aus solchen Überlegungen heraus machen oder wegen der schon genannten anderen umweltfreundlichen Faktoren. Das sind aber Ausnahmen. Die Entscheidung für diese Technologie ist wirtschaftlich dann sinnvoll, wenn ich neu baue oder wenn ich eine veraltete Therme habe und diese eh tauschen muss. Ich habe 6000€ Mehrkosten und rechne diese gegen 40% Energieersparnis bei einem geringfügig höheren Gasverbrauch. Unabhängig von der realen Einspeisung von überschüssigem Strom ins öffentliche Netz bekommt man eine pauschale Einspeisungsvergütung von 1800 € und auf Antrag einen Zuschuss von der KfW von 9300 €. Je nach dem tatsächlichen Wärmeverbrauch amortisiert sich so eine Anlage in 5 bis 8 Jahren. Dazu gibt es von Viessmann eine 10jährige Funktionsgarantie.

RAZ: Das klingt interessant. Viele haben aber einen Horror vor der ganzen Bürokratie. Zum Beispiel ist man als Stromerzeuger automatisch eine Firma – mit all den damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen. Auch vor der Beantragung der Fördermittel scheuen viele wegen des bürokratischen Aufwandes zurück.

Partzsch: Die Problematik „Unternehmereigenschaft“ wurde vom Gesetzgeber erkannt und deshalb gibt es jetzt die pauschale Vergütung, so dass niemand mehr ein Gewerbe anmelden muss, nur weil er Strom einspeist. Wegen der Fördermittel müssen sich meine Kunden auch keinen Kopf machen. Das erledige ich alles mit. Ich stelle für die Kunden die entsprechenden Anträge bei der KfW-Bank.

RAZ: Wenn man sich auf den Tausch der Therme gegen eine Brennstoffzelle einlässt, wie lange dauert der Umbau, wie lange ist man ohne Heizung und Strom?

Partzsch: Qualifizierte Handwerker schaffen den Umbau in zwei bis drei Tagen. Dabei garantiere ich, dass es keinen Tag kalt ist in der Wohnung. Das Umstellen geht ganz schnell.

RAZ: Eine Anlage, die Strom und Wärme gleichzeitig liefert hat aber doch noch einen Nachteil: wenn sie mal ausfällt, ist gleich beides weg – es wird kalt und finster…

Partzsch: Da wir ja kein autarkes System haben, stellt sich die Frage nicht. Es gibt ja immer noch den „normalen“ Stromanschluss und der Warmwasserspeicher hält auch noch Wärme vor. Da steht schon mal der Entstördienst vor der Tür und der Kunde weiß noch gar nicht warum. Da die Anlage mit dem Internet verbunden ist, sendet sie automatisch eine Störungsmeldung an mich. Ich empfange diese per App und kann entsprechend schnell reagieren. Übliche Ersatzteile kann ich innerhalb desselben Tages erhalten, in Ausnahmefällen, also wenn wirklich etwas Unübliches kaputt gehen sollte, über einen 24-Stunden-Dienst.

RAZ: Vielen Dank für die Informationen. Schauen wir mal, wo die Reise hingeht. Pierre Franc, der Vorsitzende des Hydogen Council, eines Verbundes von Unternehmen, die die Wasserstoffwirtschaft vorantreiben wollen, ist jedenfalls überzeugt: „Wie in den 1990er-Jahren Solartechnik und Windräder einen Boom ausgelöst haben, werden dies in den 20- und 30ern die Brennstoffzellen tun.“