Dienstag, den 20. August 2013 17:12 Alter: 6 Jahr(e)

Dr. Thomas de Maizière und Stanislaw Tillich in Bärwalde

Kategorie: Radeburg und Umgebung

VON: KLAUS KROEMKE

Auf ihrer Wahlkampftour kamen Dr. Thomas de Maizière und Stanislaw Tillich auch nach Bärwalde. Dort führten sie mit jungen und älteren Bärwaldern eine offene Diskussion – vom Grundgesetz bis zur Drohnen-Affäre.

Der Jugendklub Bärwalde ist stolz auf seine Chronik, und nicht nur darauf.
Der Jugendklub Bärwalde ist stolz auf seine Chronik, und nicht nur darauf.

Dorfidyll ganz nach CDU-Vorstellungen: Alt und Jung lauschen den Worten der Politiker - quasi im Schutz der Kirche.
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Die Jugendfreunde waren gut vorbereitet, präsentierten eine Ausstellung zur Entwicklung des Klubs, zur Sanierung der Klubräume und des Umfeldes, wo auch Fördermittel sinnvoll eingesetzt wurden. De Maizière staunte nicht schlecht, dass ein Jugendklub so mitten im Ort gut funktioniert. Ob es Beschwerden gäbe wegen Lärmbelästigung. Das konnte verneint werden, denn das Vereinshaus können auch die Senioren nutzen, Jugendliche helfen den Älteren bei der Ausgestaltung von Feiern und so gibt es erstklassiges Einvernehmen.

Das war danach auch auf dem Festgelände zu sehen, wo Jugendclub-Mitglieder und Senioren in trauter Gemeinschaft Platz genommen hatten um an der Diskussionsrunde mit den Gästen teilzunehmen. De Maizière und Tillich luden zu einer themenoffenen Diskussion und Wortmeldungen ein. Gleich als erster meldete sich ein Bürger mit der Aufschrift „germanische Heilkunde“ zu Wort und wollte wissen, wie die Gäste „zu Artikel 146 des Grundgesetzes“ stehen. Wer die Medien in letzter Zeit verfolgt hatte, wusste sofort, woher der Wind blies.

Der Frager, offenbar kein Bärwalder, war anscheinend von einem „Zugezogenen“, der sich als Reichsbürger bezeichnet, eingeladen worden. Der letzte Artikel des Grundgesetzes lautet: „Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“ Für die Reichsbürger ist das Grundgesetz wegen dieses Wortlauts keine Verfassung, sondern nur ein Provisorium. Eine vom „gesamten deutschen Volk verabschiedete Verfassung“ als Rechtsgrundlage für vom Volk legitimierte Verfassungsorgane existiert nicht und demnach, so deren Schlussfolgerung, gelten noch die Gesetze des Deutschen Reiches. Die Politiker drückten sich hier nicht um ein Statement zu dem Thema, doch sein Ziel, die Bärwalder über diesen Sachverhalt „aufzuklären“ erreichte der Redner nicht. Was sollte man auch anders antworten als das es Lebensrealitäten gibt auch unabhängig von juristischen Spitzfindigkeiten, unter anderem, dass die Bundesrepublik ein weltweit anerkannter souveräner Staat ist, dessen Existenz kein ernst zu nehmender Mensch bezweifelt. Zudem wird auch in dem besagten Paragraphen von einer „Gültigkeit des Grundgesetzes“ ausgegangen und nicht von einem durch die Umstände einer Besatzung diktierten Provisorium.

Jens Meister entschuldigte sich dafür, dass Bärwalde durch das Auftreten der Reichsbürger und des DPHW „so in die Schlagzeilen gekommen ist.“ Er als eingeborener Bärwalder schäme sich dafür. Leider könne man nicht beeinflussen, wer hier zuzieht. Thomas de Maizière beschwichtigte: „Der erste Präsident der Bundesrepublik, Theodor Heuss, pflegte mal zu sagen: Solche Leute muss man einfach nicht ignorieren.“ Nicht jeder verstand das witzige Zitat: gemeint ist natürlich, dass man eben solchen Leuten mit ihrer abwegigen Einzelmeinung nicht zu viel Bedeutung beimessen sollte. Die Angesprochenen hatten auch an der weiteren Diskussion kaum Interesse und verließen alsbald die Versammlung.

Andere Themen wurden diskutiert, die die Bärwalder schon eher interessierten. Ilona Theile beispielsweise fühlte sich benachteiligt, dass sie kein Betreuungsgeld erhält. Während der Krippen-Anspruch für Ein- und Zweijährige gilt, gibt es nur für ab 1. August 2012 geborene Kinder Betreuungsgeld, was viele Eltern nicht nachvollziehen können und sich über den ablehnenden Bescheid wundern. Der Stichtag sei „von den Fraktionen im parlamentarischen Verfahren festgelegt" worden. Der Grund für Stichtage liege oftmals in den finanziellen Spielräumen, die man bei der Einführung neuer Regelungen hat.

Auch um die so genannte „Drohnenaffäre“ drückte sich de Maizière nicht, wonach Christian Damme direkt fragte. Zunächst ergriff Stanislaw Tillich das Wort und meinte, man solle beachten, dass von den 600 Millionen Euro Projektkosten zum Zeitpunkt, da de Maizière das Amt des Verteidigungsministers übernahm, schon 500 Millionen ausgegeben waren und ihn nicht für die Fehlleistungen seiner Vorgänger verantwortlich machen. De Maizière griff seine Vorgänger jedoch nicht an. Er versuchte, mit einem Vergleich Verständnis bei den Hören zu erzielen: Wenn ein Pharmakonzern ein neues Medikament erforscht, gibt er mal eben drei Milliarden Euro aus. Dann beantragt er die Genehmigung für den Markt. Wenn die Gesundheitsbehörde nun einschätzt, dass der medizinische Nutzen nicht so groß ist, dann wird das abgelehnt und die Milliarden sind in den Sand gesetzt. Darüber wird kein Aufhebens gemacht. Hier geht es aber um Geld vom Staat, um unser aller Steuergeld, und es ist verständlich, dass da die Bürger besonders sensibel reagieren. Während in den USA für solche Geräte Einzelgenehmigungen existieren, wollten es die Deutschen besonders gründlich machen und haben eine Seriengenehmigung beantragt. Die Genehmigungsbehörde machte aber dann die Forderung auf, dass für den Fall, dass die Fernsteuerung der Drohne versagt, weil zum Beispiel der Kontakt zum Leitzentrum abbricht, das Fluggerät selbständig auf dem gleichen Weg zurückfliegt, auf dem es gekommen ist. Das war eine ingenieurtechnisch nicht zu lösende Forderung, weshalb der Minister die Reißleine gezogen hatte. Den Anwesenden schien das plausibel zu sein. Jedenfalls wurden die Gäste mit großem Applaus bedacht.

Zum Schluss warfen sich de Maizière und Tillich noch einmal die Bälle zu und erinnerten an den Wahlsonntag am 22. September und baten: De Maizière: „Erstens: gehen Sie zur Wahl.“ Tillich: „Zweitens: wählen Sie eine demokratische Partei.“ De Maizière: „Drittens: Denken Sie daran: die Zweitstimme ist Kanzlerinstimme und nicht die Stimme, mit der man der FDP helfen muss. Die FDP hilft sich schon selbst.“ Die Niedersachsenwahl ließ da wohl grüßen. „Bärwalde ist schwarz,“ versicherte Christian Damme. Die Gäste dürften auch mit dem Eindruck nach Hause gefahren sein, dass sie hier willkommen sind. Nur haben andere Wahlen auch schon gezeigt, dass man kämpfen muss und sich nicht in trügerischer Sicherheit wiegen sollte.


 

 

 


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