Radweg Radeburg – Rödern: Gretchenfrage: Erst planen, dann fragen – oder doch umgekehrt

Bereits im Februar 2019 hat die LISt Gesellschaft für Verkehrswesen und ingenieurtechnische Dienstleistungen mbH, eine 100%ige Tochtergesellschaft des Freistaates, der Stadt Radeburg den Bau dreier Radwege vorgeschlagen, die über das sächsische „100km-Radwegeprogramm“ finanziert werden sollen. Am Dienstag, dem 14. März 2023, wurde nun der Planungsstand zu dem ersten von drei Plänen im Ratssaal der Stadt Radeburg der Öffentlichkeit vorgestellt.

Geplanter Radeweg Radeburg – Rödern

Geplanter Radeweg Radeburg – Rödern

Bereits damals, also im Februar 2019, waren alle drei Strecken der interessierten Öffentlichkeit bekannt gemacht worden. Unabhängig vom touristischen Radwegenetz „SachsenNetz Rad“ werden im Rahmen der „Radverkehrskonzeption 2014“ Radwege für den Alltagsverkehr geplant und gebaut. In Bezug auf Radeburg wurde ein Bedarf für drei Radwegeverbindungen herausgearbeitet. Aus Richtung Dresden über Volkersdorf und Bärnsdorf soll an den bereits vorhandenen Radweg Bärnsdorf-Berbisdorf entlang der S96 angeknüpft und damit ein (außerorts) durchgehender Radweg zwischen der Landeshauptstadt und Radeburg entstehen. Von Radeburg ausgehend soll in Richtung Meißen eine Radverbindung entlang der S177 bis Steinbach geschaffen werden. Hier wurde bereits um die Jahrtausendwende ein Teilstück bis Bärwalde geplant, das 2002 gebaut werden sollte. Das Vorhaben scheiterte aber am Widerstand von Eigentümern. Und zu guter Letzt – oder nunmehr zuerst – soll ein Radweg entlang der S91 in Richtung Großenhain zwischen Radeburg und Rödern entstehen.

Zu letztgenanntem fand es am Dienstag, dem 14. März, die öffentliche Vorstellung des Planungsstandes im Ratssaal statt.

Nach den einleitenden Worten von Carsten Richter, Abteilungsleiter Planung, Bau, Umwelt, erläuterte der Projektleiter, Thomas Bratke, anhand einer Präsentation Details zum Stand der Entwurfsplanung. In der vorhergehenden Phase (Vorplanung) fand der Variantenvergleich statt. So wurde eine Nutzung der bereits als touristischer Radweg erschlossenen Röderradroute, die zwischen Radeburg und Rödern durch die Röderaue und den Zeisigbusch führt, vor allem aufgrund der damit verbundenen Umwege in Bezug auf die Ortszentren früh verworfen. Geprüft wurde auch eine in Richtung Rödern rechtsseitige Variante, die zwar eine Straßenquerung weniger hätte, aber an zwei Schutzgebiete grenzt - ein so genanntes FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat) und ein europäisches Vogelschutzgebiet (SPA - Special Protection Areas). Hier möchte man vorzugsweise nicht eingreifen. So blieb die linksseitige Variante, die jedoch einige Knackpunkte aufzuweisen hat.
Diese beginnen bereits am Anfang, im Bereich der Einmündung der Straße Am Rödergraben (Zufahrt zum Wohngebiet Meißner Berg) mit den gegenüberliegenden Ausfahrten von REWE und von der Kläranlage. Da der Radweg in beide Richtungen befahrbar ist, können hier bereits Radfahrer von der Hauptstraße links abbiegen bzw. aus Rödern kommend die Straße in Richtung REWE-Zufahrt kreuzen. Einige Meter weiter kommt die Ein- und Ausfahrt in das Neubaugebiet Nieder-Hufen, wo bereits Radfahrer auf dem Radweg kreuzen können bzw. zu- und abfahren. Um den kreuzenden Verkehr hier zu entschärfen, soll ab Einmündung Rödergraben ein Fahrradsschutzstreifen (abgrenzende Markierung) auf der Fahrbahn Richtung Rödern den Radfahrern anbieten, erst hinter dem Ortsausgang auf den Radweg zu wechseln. Dort wird der Radfahrer vom Radschutzstreifen herunter auf eine Aufstellfläche geleitet. Diese ermöglicht das rechtwinklige Queren der Hauptverkehrsstraße S91 (siehe Abbildung). Da sich die Anlage unmittelbar an einer Kurve befindet, wird empfohlen, eine stufenweise Geschwindigkeitsbegrenzung über 70 – 50 km/h noch vor dem Ortseingangsschild Radeburg aufzustellen.

Am Ortseingang Rödern reicht der Platz aus, um den Radverkehr wieder in den Mischverkehr zu überführen. In Fahrtrichtung Ortsmitte wird deshalb dort, weil der Platz ausreichend ist, eine mittig liegende Verkehrsinsel zur sicheren Querung geschaffen.

Gegenstand der anschließenden Diskussion drehten sich zum einen um den Abschnitt im Bereich des neuen Wohngebietes Nieder-Hufen bis zu den Supermärkten. Da hier auch eine starke Nutzung als Fußweg, unter anderem für Schulkinder, zu erwarten ist, sollte gemäß Wunsch einiger Bürger die Wegbreite hier von drei auf vier Meter aufgeweitet werden. Eine Auskunft, ab wann mit der Nutzbarkeit des Weges gerechnet werden kann, konnte nicht erteilt werden. Auch eine Teilfertigstellung des dringend benötigten Fußweges wurde abschlägig beschieden. Andererseits wollten Bürger wissen, ob denn schon mit den Grundstückseigentümern, die Land abgeben müssten, gesprochen wurde. Dazu wurde erklärt, dass man das erst vorhabe, wenn die so genannten Träger öffentlicher Belange gehört und ggf. nach Umplanungen zufriedengestellt seien. Man müsse ja sonst immer wieder mit unausgereiften Plänen zu den Bürgern gehen und würde dadurch Vertrauen verspielen. „Die Planung des Radweges erfolgt nach dem geltenden Regelwerk und wird in der Abwägung zahlreicher objektiver Kriterien erstellt. Eingriffe in das Privateigentum werden dabei auf das notwendige Maß reduziert. Die Bereitschaft oder die Verweigerung einzelner Eigentümer zur Veräußerung von Flächen kann gemäß der Rechtslage nicht über die objektive Betrachtung der Belange der Verkehrssicherheit, Umweltrecht, Baukosten und vieler weiterer Kriterien gestellt werden,“ ergänzt Carsten Richter.

Diese Herangehensweise stieß bei mehreren Bürgern auf Unverständnis und auch Stadträte äußerten Zweifel, ob dieses Vorgehen wirklich sinnvoll sei. Radeburg hat mit dem oben zweitgenannten Radweg via Bärwalde bereits „einschlägige“ Erfahrungen, wozu es führt, wenn Grundstückseigentümer die Zustimmung verweigern – nämlich dass viel Geld für Planungen verbrannt und dann gar nicht gebaut wurde. Also sollte man doch erst einmal die grundsätzliche Bereitschaft der Grundstückseigentümer einholen – das würde anders als behauptet nicht nur Zeit, sondern auch sinnlose Planungskosten einsparen. Einige Bürger äußerten sich auch in der Weise, dass sie aus anderen Vorhaben nur diese Herangehensweise kennen: erst fragen, dann planen.

Bürgermeisterin Michaela Ritter wollte das so nicht im Raum stehen lassen und verwies darauf, dass ja alle Bürger, demnach auch alle Grundstückseigentümer, durch die öffentliche Vorstellung der Radwegevorhaben Anfang 2019 bereits vorinformiert sind. Inwieweit dadurch auch die wirklich Betroffenen in Kenntnis gesetzt wurden, blieb offen.

Carsten Richter und seine Mitstreiter blieben bei ihrer Meinung, die Betroffenen erst nach Fertigstellung der Planungen zu beteiligen. Bei einer ordnungsgemäßen Planung und anschließender Ablehnung durch die Eigentümer und Pächter gäbe es das Instrument des Planfeststellungsverfahrens / Besitzeinweisungsverfahrens,  welches erforderlichenfalls den rechtlichen Rahmen bietet, gegen eine Entschädigung das Land zu erwerben. „Dadurch würden wir natürlich viel Zeit verlieren,“ so Carsten Richter. „Insofern besteht großes Interesse, eine einvernehmliche Einigung mit allen Grundstücksbetroffenen zu erreichen.“ Bleibt zu hoffen, dass die Grundstückseigentümer zwischen Radeburg und Rödern aufgeschlossener sind.

Eine dritte Fragestellung war, inwiefern bei der Baumaßnahme die innerörtliche Verkehrssituation in Rödern berücksichtigt würde. Schließlich müsse man erst einmal auf der vielbefahrenen Staatsstraße bis zu dem Radweg im Mischverkehr gelangen. Als für Radfahrer gefährlich wird die Kuppe am Gasthof Beeg eingeschätzt, den Radfahrer aufgrund der Steigung auf beiden Seiten eher langsam überwinden oder sogar absteigen, was Kraftfahrer dort zu riskanten Überholmanövern verleitet. „Wie der Radverkehr im Ort selbst geführt wird, das ist nicht Gegenstand unserer Planungen,“ so Carsten Richter. Hier wäre dann die Gemeinde Ebersbach in Zusammenarbeit mit dem LASuV als Rechtsträger der Staatsstraße gefragt, den innerörtlichen Radverkehr so sicher zu machen, dass der oben beschriebene Radweg durch Radfahrer aus Rödern dann auch genutzt wird.