Corona-Evaluation: Aufarbeitung nach einem dreiviertel Jahr noch nicht erfolgt

Der Abschlussbericht des Sachverständigenrates zur Evaluierung der Corona-Maßnahmen, vorgelegt im Juli 2022, sieht erheblichen Reformbedarf am Infektionsschutzgesetz. Die Evaluation gab den Maßnahmenkritikern teilweise recht, teilweise waren Beurteilungen nicht möglich, weil die zuständigen Behörden die Erhebung von Daten verweigerten - ein massives Versagen von Regierung, Gesundheitsministerium, RKI und PEI. Das ist dringend aufzuarbeiten, denn angesehene Wissenschaftler und Mediziner kritisierten und kritisieren die Pandemiepolitik, verloren nicht selten Amt und Reputation wurden und werden dafür weiterhin diffamiert. Eine Rehabilitation ist offenbar ebenso wenig vorgesehen wie eine Entschuldigung.

Auch wenn viel umschrieben wurde und die eigentlich notwendige schallende Ohrfeige für die Entscheidungsträger in Watte verpackt wurde, in sehr viel Watte - auf Seite 16 ist zu lesen: "Für das IfSG als Rechtsgrundlage der Pandemiebekämpfung besteht erheblicher Reformbedarf." Auf Seite 26 des Evaluationsberichtes schreibt das mit eher wohlwollenden Personen besetzte Gremium: „Datenmangel seit langem bekannt“. So konnte zu vielen Fragestellungen keine klare Antwort gegeben werden, aber eine Reihe von Einschätzungen gab es dennoch.

Als richtig wurde eingeschätzt:

  • sämtliche Maßnahmen des 1. Lockdowns gerechtfertigt, da über das Virus wenig bekannt war (S.14, S.23)
  • Kontaktverfolgung war in der Frühphase gerechtfertigt (S.14)
  • Es war richtig, im Gesetz diese Evaluierung festzuschreiben (S.23)
  • dass das Tragen von Masken zu einer Reduktion der Infektionsrate führt, wenn auch nur moderat (S. 88)

Als gesichert falsch wurde beurteilt:

  • die "Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ (eine juristisch fragwürdige Konstruktion) (S. 16, 19, 103ff))
  • die Verlagerung von Befugnissen auf die Exekutive (verfassungswidrig!) (S. 16, 103-107)
  • die Aushebelung der Normenhierarchie nach Art. 20 GG (S. 106)
  • die Befristung von Rechtsgrundlagen auf wenige Monate und die wiederholte Ädnerung des Rechtsrahmens (S. 111, 113)
  • die Ausnahmeregelungen für Geimpft/Genesen/Gestestet (Grundrechtseingriff) (S.114)
  • dass Lockdowns verlängert und wiederholt wurden und dadurch die Wirksamkeit abnahm und die nicht-intendierten Wirkungen (Kollateralschäden – d. Red.) überwogen (S.14, 72f, 78, 83)
  • dass mit Einführung der 2G-Regel Geimpfte nicht mehr getestet wurden, obwohl sie weiterhin anstecken sein konnten (S.15, 76)
  • dass getroffene Maßnahmen vor der Überlastung des Gesundheitssystems schützen (S.76)
  • dass nicht frühzeitig begonnen wurde, Erkenntnisse über die erwünschten und unerwünschten Wirkungen und Kosten der Maßnahmen zu erheben und Maßnahmen auf Grundlage dieser Erhebungen nachzujustieren (S.23, S.25f)
  • dass das RKI keine Daten erhoben hat, obwohl es dazu verpflichtet ist (S.27)
  • dass (anders als sonst in der Welt) kein nationales Konzept zur Epidemologie und Virusbekämpfung existiert (S. 25ff)
  • dass die von den Krankenkassen zur Auswertung angebotene Verknüpfung von Gesundheits- und Impfdaten nicht angenommen wurde (S.27) - bis heute nicht!!! d.Red.
  • dass erst nach 2 Jahren mit dieser Evaluierung begonnen wurde - dadurch sind erhebliche Schäden entstanden (S.23, S.25)
  • die Maskenpflicht im Freien (S.15, 60)
  • die unsystematische Datenerhebung in den einzelnen Bundesländern, Landkreisen, Städten und Gemeinden (S. 41)
  • dass der Parameter „7-Tage-Inzidenz“ „zumindest problematisch“ ist (S.44, 70)
  • dass keine repräsentativen Zufallsstichproben gemacht wurden, die das tatsächliche Infektionsgeschehen besser abgebildet hätten (S. 45)

Aufgrund nicht erhobener oder nicht eindeutiger Daten oder unklar:

  • Sinnhaftigkeit der Kontaktverfolgung bei fortgeschrittenem Pandemieverlauf (S.14, 27, 42, 45, 78f)
  • wie wirksam Tests die Pandemie eindämmen können (S. 15)
  • Wirksamkeit der Zugangsbeschränkungen (SG / 3G) (S.15, ??
  • die Bewertung der Maßnahmen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht und der Durchführung der Schutzimpfungen gegen das Coronavirus (S. 24)
  • Wirksamkeit der Schulschließungen (S.15)  - inzwischen als falsch anerkannt - d.Red.
  • Wirksamkeit von Masken „nicht abschließend zu beurteilen“ (S.15, 54, 87, 91) 
  • Tragen von Masken bei Kindern, insbes. während des Unterrichts (S.83)
  • Effektivität des Screenings (Corona-Tests) 
  • Kontaktnachverfolgung (alle S. 27) 
  • Aussagen zur Impfeffektivität und zu Impfnebenwirkungen (S. 43, 62)

Erhebliche negative Folgen (nichtintendierte Wirkungen) hatte

  • das Schließen der Schulen (S. 15, 80 bis 86, 93, 97, 99)
  • das Tragen von Masken in Kindereinrichtungen und Schulen (S.89f, S. 112)
  • dass der Übergang von „Containment“ zu „Protection“ verschlafen und stur an der Kontaktnachverfolgung festgehalten wurde, was zur Überlastung der Gesundheitsämter führte und sie an einem gezielten Ausbruchsmanagement hinderte (S.45)

Das Gremium forderte, dass die Versäumnisse des RKI offen und zeitnah diskutiert werden (S.27) - bis heute ist nichts geschehen.