Fleisch vom Hof Tillig und ein gutes Gewissen

„Ich bin Bauer und züchte Schweine,” sagt Thomas Tillig, wenn er nach seinem Beruf gefragt wird und amüsiert sich dann still über die Reaktion der Frager, wo er aus den Blicken dann so etwas wie Mitleid ließt. „Dabei ist das völlig unbegründet. Ich liebe meinen Beruf und arbeite gern mit den Tieren.”

Ein Hingucker im Ortsbild ist das ortstypisch sanierte Hauptgebäude.

Ein Hingucker im Ortsbild ist das ortstypisch sanierte Hauptgebäude.

Fährt man von Nieder- nach Oberebersbach die Hauptstraße entlang, fällt auf der rechten Seite ein schmuckes Fachwerkhaus ins Auge und danach fällt der Blick in einen großen Dreiseithof. Es ist der Hof Tillig/Krille, der zwar inzwischen innerhalb der Familie geteilt, aber in seinem Erscheinungsbild als ortstypischer Dreiseithof erhalten und rekonstruiert wurde und weiter landwirtschaftlich genutzt wird. Der Hof erzählt eine typische Wiedereinrichter-Geschichte.

Zunächst ist es die Geschichte einer alteingesessenen Bauernwirtschaft, die zu DDR-Zeiten kollektiviert wurde. Bereits in der Zeit vor der Wende, 1985 bis 1990, erfolgte der Umbau des Fachwerkhauses und die Einrichtung von Wohnungen für zwei Familien. Bis 1990 arbeiteten alle Familienmitglieder mehr oder weniger in der Landwirtschaft, die meisten davon in den Ställen auf dem eigenen Hof.

1990 stallte die Agrargenossenschaft aus und gab die Ställe zurück. Die Ställe standen leer, bis 1993 Vater Karl Tillig in den Vorruhestand ging und auf die Idee kam, die Ställe für die Schweinezucht zu nutzen. Sohn Thomas Tillig wurde Wiedereinrichter - zunächst im Nebenerwerb und seit 2003 dann im Haupterwerb.

Schritt für Schritt, so wie es die finanziellen Möglichkeiten hergaben, wurde der Hof saniert. Nach 1990 erfolgte die Einrichtung der Pension. „Urlaub auf dem Bauernhof” war in jener Zeit besonders bei Familien aus größeren Städten gefragt. Das Sächsische Ministerium für Landwirtschaft förderte Landurlaub großzügig und so entstand die Pension mit zwei Doppelzimmern und einem Einzelzimmer.

„Wir bewerben den Urlaub auf dem Bauernhof nicht mehr so stark wie zu Anfang,” erklärt Thomas Tillig. „Für Gäste, die das wollen, sind wir natürlich da, aber wir haben jetzt eher Gäste, die mal eine Übernachtung brauchen, Leute die auf Montage sind, die zu einer Familienfeier kommen oder zu einem Klassentreffen.” Die Pension ist ein zusätzliches Standbein.

Um Tierproduktion betreiben zu können, muss der Landwirt das Tierfutter selber herstellen und das auch nachweisen. Dazu mussten neben eigenen Feldern noch weitere gepachtet werden. Auf den eigenen Feldern muss auch die Gülle ausgebracht werden. Um die Futterproduktion und die anderen Feldbauarbeiten kümmert sich Tillig allerdings nicht selbst. Dafür hat er die Agrargenossenschaft als Dienstleister gewonnen, die für ihn diese Arbeit übernimmt. So hat er mehr Zeit für sein kerngeschäft, die Schweinezucht.

Von 2003 bis 2004 wurden die alten Stallungen komplett entkernt, grundlegend modernisiert und tierfreundlich eingerichtet – weit über die gesetzlichen Standards hinaus. Dies gilt auch für den neu errichteten Aufzuchtstall außerhalb des Dorfes.

Tilligs haben jetzt eine Zuchttierproduktion in der obersten Zuchtstufe. Das verlangt vom Bauern eine intensive Arbeit mit den Tieren. „Nur wenn sich das Tier wohlfühlt, kann der Mensch daraus sein Einkommen erwirtschaften,” sagt Tillig und drückt damit in einfachen Worten aus, wie Qualität und Ethik in der Landwirtschaft zusammengehören. Mit der von ihm gezüchteten Rasse „Deutsches Edelschwein” wurde er zwei Mal Bundessieger.

Erfolgreich war er außerdem auf Messen und Eliteveranstaltungen wie Agra und Eurotier. Im Ergebnis sind seine Jungsauen und Jungeber gefragt bis ins Ausland. Spanferkel und Schlachtschweine werden auch an Fleischereien in der Umgebung abgegeben.

Diese schätzen die hohe Fleischqualität der Rasse und den geringen Fettanteil. Befragt nach dem Meißner Landschwein, was ein besonders gefördertes regionales Produkt ist, erklärte er, dass das eine alte Rasse ist und dass es gut ist, dass sich Enthusiasten um den Erhalt kümmern. Alte Rassen sind von Bedeutung, wenn es um Einkreuzung zum Schutz vor Überzüchtung geht. Allerdings ist bei solchen Rassen die Fleischqualität nicht die, die heute gewünscht wird. Damit diese Schweine ihr Schlachtgewicht von 200 kg erreichen, wird ab 120 kg für die letzten 80 kg extrem zugefüttert, dabei verfetten die Tiere zusehends. Dagegen ist das Deutsche Edelschwein wesentlich effizienter und liefert auch das bessere Fleisch.

Schlachttiere lässt Tillig nur in der Umgebung schlachten und gibt sie auch nur noch an Fleischer in der Umgebung ab. Das entspricht seinem Verständnis von regionalen Stoffkreisläufen und hat auch den Vorteil, dass minimale Transportwege wenig Stress für die Tiere bedeuten und die Fleischqualität erhalten bleibt.

Das kann er machen, weil er nur eine geringe Zahl an Schlachttieren hat. Größere Schweinemästereien haben da ein Problem. Tillig ärgert, dass der Schlachthof in Naunhof geschlossen wurde und die EU hier so kurzsichtig agiert hat. Die dadurch entstehenden Transportwege sind Horror für die Tiere.

Die Bio-Landwirtschaft setzt seiner Meinung nach falsche Prioritäten und kann deshalb nicht wirtschaftlich sein. Was nützt das beste Futter, wenn das „Bio- Schwein” am Ende in den gleichen fernen Schlachthof kommt und durch Stress auf dem Transport und durch vielleicht mangelhafte Betäubung seine Fleischqualität verliert? Etwa 10% der Schweine werden laut einer Studie des Verbraucherministeriums nicht korrekt betäubt. Die Tierquälerei führt dazu, dass Stresshormone ausgeschüttet werden, die das Fleisch sauer machen. Für Tillig ein Vorteil, dass er die Schlachter und ihre Schlachtung kennt, dass er sich auf sie verlassen kann, weil sie auch so „ticken” wie er selbst und er deshalb die Gewissheit hat, dass das Fleisch in immer noch bester Qualität in die Verarbeitung kommt und letztlich über den Ladentisch geht. Das ist erforderlich, damit der Kunde wieder kommt. Eben das ist der Vorteil von kleinen Wirtschaftskreisläufen: das Vertrauen vom Erzeuger bis zum Verbraucher.

Für Thomas Tillig selbst ist wichtig, dass seine Bemühungen um die Tiere so auch nicht umsonst waren. Keine Massentierhaltung und gute Pflege der Tiere und ihrer Umgebung sind Tilligs „Geheimrezept”, das dazu führt, dass er nur ein Zehntel so viel Antibiotika verbraucht, wie in der deutschen Landwirtschaft im Durchschnitt üblich sind. Das Gesundheits- und Veterinäramt hat ihm das bescheinigt. Noch ein weiterer Punkt der für ihn spricht und ihm deshalb auch die Nachfrage sichert. Nicht zuletzt darum macht ihm seine Beruf Freude, weil er immer sagen kann: „Ich kann dem Verbraucher jederzeit in die Augen sehen”.

Saubere Ställe und mehr Bewegungsfreiheit als vom Gesetz verlangt – so will es Thomas Tillig