Internet im ländlichen Raum: Sachsen hinten, trotz "digitaler Offensive" (Kommentar)

Wirtschaftsminister Martin Dulig stellte am 26.01.2016 die neue Förderrichtlinie "Digitale Offensive Sachsen" zur Diskussion - aber viele Standorte im ländlichen Raum werden auch weiterhin abgehängt bleiben, weil der Wille der Telekommunikationsunternehmen fehlt und die Regierung sie nicht zwingen kann.

Solche Kästen im öffentlichen Raum zeigen an: hier gibt es schnelles Internet

Solche Kästen im öffentlichen Raum zeigen an: hier gibt es schnelles Internet - allerdings: wo die Telekom zu wenige Internet-Nutzer vermutet, investiert sie nicht.

Der für den Breitbandausbau zuständige Minister, Martin Dulig, gab am Dienstag, dem 26. Januar, bekannt, dass das Kabinett eine "Digitalisierungsstrategie" verabschiedet habe, weil es die Digitalisierung für eine der "größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts" hält. Schaut man sich den mäßigen Erfolg an, den bisherige Versuche hatten, halbwegs schnelles Internet in den ländlichen Raum zu bringen, so mag man das glauben, auch wenn 15 andere europäische Länder zeigen, dass das so eine große Herausforderung gar nicht ist. "Gleichzeitig werden wir die Förderung des Breitbandausbaus in Sachsen attraktiver gestalten und auch das Förderprogramm des Bundes intensiv nutzen, damit wir schnell und überall im Land das Internet in ausreichender Geschwindigkeit anbieten können. So wollen wir gute Voraussetzungen dafür schaffen, dass Sachsen bis 2025 flächendeckend mit mehr als 100 Mbit/s versorgt ist," erklärt Martin Dulig.

Doch zunehmend fehlt der Glaube bei den Benachteiligten an solche Versprechungen, weil auch schon frühere Versprechen nicht gehalten wurden und auch die letzte Initiative nicht den erwarteten Erfolg hatte, sogar vom Rechnungshof moniert wurde. Statt darauf zu bestehen, dass der LTE-Ausbau zuerst flächendeckend im ländlichen Raum erfolgt, wurde der Zielzustand ungeprüft für erreicht erklärt.

Deutschland ist bei der Glasfasertechnologie ganz hinten in der Welt und in Europa und Sachsen eines der Schlusslichter in Deutschland, was das schnelle Internet angeht. Entsprechend weltfremd ließ es sich, wenn Sachsen beim Netzausbau nun mit 80, 90% Förderung 100-Mbit-Projekte bzw. 50-Mbit-Projekte fördern will, obwohl noch nicht einmal 18% der sächsischen Haushalte einen 16-Mbit-Standard erreichen (Sachsen in der Quelle auf Seite 16). 

Wenn Martin Dulig von Marktversagen spricht, hat er nicht Unrecht, denn das Kernproblem ist und bleibt, dass die Kräfte des Marktes es ebnen NICHT ohne weiteres regeln: der Markt agiert dort, wo er den meisten Profit erwarten kann - und da wird nun dort, wo 16 Mbit schon vorhanden sind, weil der "Markt" dort 16 Mbit geschaffen hat, der Markt morgen 50 und übermorgen 100 Mbit schaffen und die Förderungen möglichenfalls dankend mitnehmen. Genau darauf ist das Sächsische Strategiepapier fixiert. Aber obwohl Dulig das Marktversagen erkannt hat, hat er für die, die heute noch keine 16 Mbit haben, in seinem Strategiepapier keine Antwort. Dort werden also auch morgen und übermorgen noch keine 16 Mbit sein, weil zu hohe Investitionskosten (vermeintlich) zu wenigen Nutzern gegenüberstehen und damit die Aussicht auf Profit entsprechend gering ausfällt. 

Es ist also an der Zeit, nicht allzu viel von den Telekommunikationsriesen und der Digitalen Offensive zu erwarten, sondern selber zu handeln und sich nach Alternativen umzusehen. Die letzten 10 Jahre Breitbandförderung haben gezeigt: dort wo genügend öffentlicher Druck aufgebaut wurde, hat sich auch etwas bewegt, wer nur abgewartet hat, wartet heute noch.

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