Wieder mehr Kriminalität in Radeburg

Einbrüche, Diebstähle und entsprechende Versuche, zum Teil mehrfach, vermelden in den letzten Monaten Physiotherapie Mösch, AWO, Ärztehaus Radeberger Straße, Stadtverwaltung, Lidl, Physiotherapie Marion Seifert, Rehaklinik, Blumen-Puhane, Bäckerei Breuer, Landgasthof Berbisdorf, Blumengeschäft Fiedler, Fußpflege Ilona George, Blumen-Kunath Volkersdorf. Nur die Spitze eines Eisberges?

Einbruchbilder

Einbruchbilder - v.l. Der/Die Täter versuchte(n), aus den Räumen der Physiotherapie in den Hausflur zu gelangen um in die Räume der AWO (Bildmitte) zu gelangen. Im Ärztehaus wurde eine Telefonanlage "vorsichtshalber"zerstört.

Für die Radeburger deutlich spürbar ist die Zunahme der Einbruchs- und Diebstahlkriminalität seit Anfang des Jahres. Auf Nachfrage von RAZ bestätigte die Polizeidirektion (PD) Dresden: „Seit dem 01.01.2016 wurde bei der Polizei insgesamt 24 Strafanzeigen zu Einbrüchen (Gebäude/Räume) im Stadtgebiet Radeburg (ohne Ortsteile) aufgenommen.“ Es handelt sich allerdings nicht um eine „Opens external link in new windowEinbruchserie“.

Die PD schätzt ein, dass „die jeweils festgestellte Vorgehensweise nicht signifikant einheitlich (ist), um alle Taten per se als Serie von einem Täter bzw. einer Tätergruppe ohne Auswertung der objektiven Spuren werten zu können.“

So unterschiedlich die Taten und demzufolge auch die Täter sind, gibt es doch Gemeinsamkeiten und entsprechende Schlussfolgerungen wären möglich, doch an der Auswertung der Ereignisse und Aufklärung der Fälle mangelt es erheblich, wie wir durch eigene Recherchen feststellen mussten.

In Radeburg fallen zwei Tatformen besonders auf.

Das sind erstens die nächtlichen Einbrüche mit hohem Sachschaden und geringer Beute, die bevorzugt dort begangen werden, wo Objekte nicht von Nachbarn eingesehen werden können und in denen selbst sich niemand oder jedenfalls kein Personal aufhält. Zum Beispiel am 27./28.4., am 30./31.5., am 18.,19. und 20.6. Ein solcher Bereich erstreckt sich zum Beispiel im Dreieck Lindenplatz – Hofwall – Radeberger Straße. Zu den hier betroffenen zählten Lidl, Ärztehaus, die AWO und die Physiotherapie Mösch – die beiden letzten im Theodor-Krasselt-Werk. Bei Lidl hatten der oder die Täter echt Pech, denn sie wählten einen „Zugang“, der nur in den Backshop führte. Backwaren und Zutaten waren aber nicht so ihrs... Bares sollte sich dann aber bei den anderen – zumindest in kleinen Mengen – finden.

Wie Michael Mösch, Andrea Lorenz und Dr. Thomas Gross an den Einbruchspuren zeigen konnten, hebeln die Täter mit Schraubenziehern oder jedenfalls nicht sehr großen Werkzeugen Fenster bzw. Türen auf. Ob es sich um Kunststoff-, Holz- oder Aluminium handelt, scheint dabei unerheblich. Ein oder zwei Hebel ansetzen, brechen, und in Sekunden ist der Zugang frei – wenn nicht, wird es woanders versucht. So ist es bei den meisten (nicht allen) nächtlichen Einbrüchen gewesen. Gesucht wurde meist nur Bargeld, was darauf hindeutet, dass es sich bei den meisten Fällen um Beschaffungskriminalität handelt. Bei Süchtigen ist der Druck, an Geld zu kommen, so groß, dass sie erhebliche Sachbeschädigung für kleine Beträge in Kauf nehmen. Profis suchen sich gezielt Ertrag versprechende Objekte aus. Deshalb ist auch anzunehmen, dass der oder die Täter in der Mehrzahl der Fälle in Radeburg und Umgebung zu suchen sind. Auch eine gewisse Ortskenntnis spricht in diesen Fällen dafür.

Gerüchteweise hatte sich in Radeburg herumgesprochen, im Ärztehaus gäbe es seit dem letzten Bruch eine Alarmanlage. Auch diese „Sachkenntnis“ spricht für mindestens einen örtlichen Täter, denn bei seinem Nächtlichen Raubzug am 18./19. Juni, bei dem auch die Physiotherapie Mösch, Ordnungsamt und Ratssaal heimgesucht wurden, hielt er es für notwendig, beim Ärztehaus die Stromzufuhr zu unterbrechen. Vor Einbruch in die Praxis der Frauenärztin hatte er sich zunächst Zugang in die Kellerräume verschafft und wahllos Sicherungen entfernt und die dort befindliche Haustechnik zerstört, offenbar in der Annahme, dadurch das Auslösen eines Alarms zu verhindern. Das hellste Licht auf der Torte der Gelegenheitsverbrecher scheint er jedenfalls nicht zu sein, denn sonst wüsste er, dass gerade die Unterbrechung der Stromversorgung Alarm auslöst. Nun ja. Er hielt sein Vorgehen für erfolgreich, weil es keinen Alarm gab. Der Grund aber war, dass es eine Alarmanlage nicht gab und er hätte sich auf das Klauen von Kleingeld beschränken können wie sonst. Aus dem Ratssaal hat er dann in Ermanglung von Zählbarem ausnahmsweise Beamer und Laptop mitgenommen. Alte Geräte, die man gern ersetzt. Sonst hat er Computer und andere Technik eigentlich auch immer links liegen gelassen. Außer bei der AWO. Da fand er außer Geld auch noch Autoschlüssel. Er entwendete daraufhin auch noch eines der Autos. Der Schlüssel wurde später in Senftenberg gefunden, das Auto war schon bald in der Nähe von Radeburg wieder „aufgetaucht“.

A propos Schlüssel: Der Täter, der beim zweiten Einbruch bei Mösch den Weg durch das letzte straßenseitige Fenster wählte, warf einige Gegenstände, die ihn beim Einsteigen behinderten, unter anderem eine Vase, auf den gegenüber liegenden Parklatz. Michael Mösch sah die Vase kurze Zeit später dort liegen. Bei der „Gelegenheit“ fand er dort noch jede Menge Schlüssel – unter anderem mit der Aufschrift „Feuerwehr Berbisdorf“. Aha. Diebesgut aus dem Rathaus, in das am 30./31.5. eingebrochen wurde. Leider waren beim Fund die Schlösser schon ausgetauscht. Offenbar aber nutzten Täter den gut versteckt liegenden Parkplatz des Theodor-Krasselt-Werks als „Basis“. Obwohl man es vermuten kann, waren die Täter eher nicht dieselben. Die Rathaustür war, abweichend von den meisten anderen Brüchen, professionell, durch Zerstörung des Schließzylinders, aufgebrochen worden. Erst im Inneren des Rathauses wurde dann gehebelt – mit Brachialgewalt wurde alles geöffnet, was so etwas wie ein Schloss hatte. Schranktüren, Schreibtischtüren, Tresore und Geldkassetten – auch hier wurde für geringe Geldbeträge großer Sachschaden in Kauf genommen. Dass die Ersatzschlüssel für die unter städtischer Verwaltung stehenden Objekte mitgenommen wurden, war nach dem hohen Sachschaden das größte Ärgernis, denn die Schlösser sämtlicher bezeichneten Objekte mussten in ganz kurzer Frist ausgetauscht werden. Dass die Aktion unnötig war, weil die Täter die Schlüssel längst weggeworfen hatten, ist vielleicht ärgerlich, verstärkt aber – neben dem anderen Herangehen – die Annahme, dass der oder die Täter nicht die sind, die die Brüche in den Praxen und Büros verübt haben und ihnen die Angaben mangels Ortskenntnis nichts nützten.

Zu denen passt eher das Erscheinungsbild, das sich in der Agrargenossenschaft Großdittmannsdorf bot. Hier hatten die Täter schließlich ihr Hauptaugenmerk auf einen Panzerschrank gerichtet und diesen so lange mit Gewalt bearbeitet, bis er schließlich nachgab. In dem Schrank befanden sich wichtige Dokumente, Wertpapiere, aber auch Geld-, Kredit- und Bankkarten der Genossenschaft. Neben dem Sachschaden ist auch besonders ärgerlich, dass man Konten sperren und alles neu beschafft werden muss.

Die zweite Kategorie sind die Diebstähle mit geringem Sachschaden und unterschiedlich großer Beute, die hauptsächlich von organisierten Banden aus Osteuropa begangen werden. Anfang Juni war eine Tätergruppe, mindestens zwei Frauen und zwei Männer, auf Beutezug im Raum Radeburg unterwegs. Sie agierten von einem Pkw aus, der das bulgarische Kennzeichen P 8908 BP hatte. Die Frauen traten meist gemeinsam in Erscheinung. Ihr Ziel war, die Kasse ausfindig zu machen und entweder zu stehlen oder das Geld daraus zu entwenden. Die Masche war überall ähnlich. Eine der Frauen sah sich im Laden um, die andere wollte Geld gewechselt haben.

Eindrucksvoll schilderte Angela Fiedler im Berbisdorfer Blumenladen die Vorgehensweise. Sie war am 3. Juni kurz zuvor von ihrer Kollegin Christine Kunath in Volkersdorf gewarnt und auf genau dieses Vorgehen hingewiesen worden. Zum Glück hatte sie noch eine Kundin im Laden, die sie gebeten hatte, für einen Moment zu bleiben. Während sich eine der Frauen an Glückwunschkarten in der Nähe der Kasse zu Schaffen machte, war eine andere an einem Accessoire rabiat zu Gange, so dass sie sich genötigt sah, die drohende Beschädigung des Gegenstands zu unterbinden. Wie war sie erleichtert, dass es ihr gelang, die Frauen los zu werden, ohne dass sie die Kasse öffnen musste! Erst zwei Tage später merkte sie, dass aber die Trinkgeldkasse, ein Sparschein in der Nähe der Glückwunschkarten, verschwunden war.

Im Landgasthof Berbisdorf fragte schon einen Tag zuvor, am 2. Juni, einer der Männer nach Wodka. Ingeborg Wetzig ahnte etwas, weil ein anderer draußen herumschlich und wollte deshalb nicht den Wodka holen gehen und die Männer aus den Augen lassen, also rief sie ihre Tochter Marit Schneider. Als Frau Wetzig mit dem Wodka zurück kam, war es wohl nicht der richtige, denn der mann winkte ab und verließ das Haus – um es dann nebenan in der Bäckerei Bräuer zu versuchen. Verkäuferin Manuela Ludwig fragte einer der Männer nach einer Red Bull. Offenbar war er jetzt auf einen anderen Geschmack gekommen. Da sie zwar Getränke, aber kein Red Bull hatte, konnte ihm auch keines verkauft werden. Dann fragte er nach einer Übernachtungsmöglichkeit. „Beim Bäcker?“ War die Gegenfrage. Die Kasse war unerreichbar. Der Mann ging wieder. Mehr Glück hatten die möglicherweise gleichen Täter beim „Opfer der Saison“, Michael Mösch. „Jemand“ kam an den Tresen, der für einen kurzen Moment nicht besetzt war, weil die dort tätige Mitarbeiterin kurz 10 Schritte weg in der Küche war. Das setzte allerdings voraus, dass der Dieb wusste, wo sich die Kasse befand, denn er holte sie schnell und zielsicher aus dem geschlossenen Schubkasten. Also musste er schon mindestens einmal da gewesen sein.

„Es war gegen Mittag, da war in der Kasse schon einiges drin,“ sagte Michael Mösch. Wenn es die gleiche „Bande“ war wie in Volkersdorf und Berbisdorf, wofür der zeitliche Rahmen spricht, dann hatten sie an jenem 2. Juni einen guten Tag. Am 3. sah es dagegen schlechter aus.