Markplatzgestaltung Radeburg: Stadtrat und Gewerbe entschieden konservativ

Radeburgs Stadträte wollten es nicht allein entscheiden, sondern die Bürger fragen: was soll der Markt sein? Mehr Parkfläche oder mehr Begegnungsraum? Mehr Markt oder mehr Platz? Die Bürger wollten vor allem an den Verkehrsströmen festhalten - und so entschied dann auch der Stadtrat in seiner anschließenden Sitzung.

Gut besuchter Ratssaal

Gut besuchter Ratssaal - eins seltenes Bild. Im Auditorium waren vor allem Gewerbetreibende aus der Innenstadt, denn es ging um nicht weniger als die Zukunft derselben.

In Vorbereitung der Neugestaltung des Marktplatzes wurde bereits 2002 ein Studentenwettbewerb durchgeführt, dessen Ergebnisse erste Anhaltspunkte für die Überplanung des Marktplatzes lieferten. Mit den eigentlichen Planungen zur Neugestaltung des Marktes wurde in 2006 begonnen. Die Auswahl des Planungsbüros fand am 08.11.2006 im Stadtrat statt. Auf dem Weihnachtsmarkt erfolgte eine Bürgerbefragung, welche am 06.02.2007 im Technischen Ausschuss ausgewertet wurde.

Seitens des beauftragten Planungsbüros wurden in 2016 drei Varianten erarbeitet, unter Einbeziehung der Bürgerbefragung, des durchgeführten Studentenwettbewerbes und zweier Beratungen – am 14.06. und 05.07.2007 – mit der Denkmalschutzbehörde. Es gab auch eine Abstimmung mit dem RCC, weil die Möglichkeit der "Marktüberdachung" in der Faschiungszeit natürlich weiter gegeben sein soll.

Die in Frage kommenden Varianten wurden in der Sitzung des Technischen Ausschusses am 14.03.2017 vom Planungsbüro erläutert. In seinem Beschluss Nr.02/17/02 empfahl der Technische Ausschuss, dem Stadtrat die Variante 3.1 sowie die Variante 1 zur Entscheidung über die Basis für die weitere Planung vorzulegen.

Die Öffentlichkeit bekam Donnerstag, dem 30.03.2017, eineinhalb Stunden vor der Stadtratssitzung, die Möglichkeit zur Einsichtnahme in die Entwürfe der Planer zu nehmen. Vor allem die Inhaber der Geschäfte in der Innenstadt machten von diesem Angebot Gebrauch und nutzen die Möglichkeit, mit Bürgermeisterin Michaela Ritter, Bauamtsleiter Mathias Kröhnert und Stadträten ihre Meinung kundzutun. 

Dabei wurden zahlreiche interessante Vorschläge gemacht und hinweise gegeben, die sicher in die weitere Bearbeitung einfließen werden. Schon am Vormittag hatte Eckehard Fischer auf Facebook kundgetan, was auch als grundsätzliche Meinung durch die Anwesenden geäußert wurde: "Ohne genügend bedarfsgerechte Parkplätze ist der Rest uninteressant. Bedarfsgerecht: Direkt vor der 'Post' Pakete entladen können. Flexible Nutzung: Keine pauschalen Parkverbote, sondern nur zu bestimmten Zeiten. Eine Entladebucht für die Postautos konnte sich nicht nur die Familie Schmidt vorstellen, gegenüber eine Sonderparkfäche, vielleicht einen Minutenparkplatz gegenüber, damit man schwere Pakete nicht so weit schleppen muss.

Erneut diskutiert wurde der Fußgängerschutzweg am Hirsch. Stadtrat Frank Feuker machte darauf aufmerksam, dass der Markt über die hier einmündende Gasse mit dem innerstädtischen Großparkplatz verbunden ist. Dass die (wenigen) Nutzer des Großparkplatzes dann noch "Runden drehen" müssen, um über den Schutzweg an der Apotheke zu den Geschäften auf dem Markt zu kommen, macht den Großparkplatz noch weniger attraktiv.

Zu dem Vorschlag "Keine pauschalen Parkverbote, sondern nur zu bestimmten Zeiten" wurde angemerkt, dass man die ínneren Parkplätze ja auf Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr und Sonnabend von 8 bis 11 Uhr beschränken könne. Aber Gedankenspiele wie diese und zum Beispiel über die genaue Lage und die Anzahl der Parkplatzflächen überhaupt oder behindertengerechter Parkplatz vor der Apotheke wurden auch zur Kenntnis genommen, waren aber noch nicht so entscheidend.

Petra Bernsee von der mit der Planung beauftragten Steinbrecher + Partner Ingenieurgesellschaft mbH machte deutlich, dass es im Kern bei der Auswahl der Variante per Stadtratsbeschluss an diesem Tag noch nicht so sehr um Details ging, sondern um die Verkehrslösungen und ein möglichst einfaches Handling bei der Nutzung des Platzes als Veranstaltungsort. Sie mahnte auch eine gewisse Eile bei der Entscheidungsfindung an, "wenn tatsächlich in 2018 gebaut werden soll."

Zugleich bedauerte sie, dass die von ihr ganz offensichtlich favorisierte Variante 3 nicht mehrheitsfähig war. Sie versuchte noch am Beispiel von gelungenen Lösungen ihres Hauses, das deutschlandweit Innenstädte gestaltet, zu zeigen, wie man einem Platz Leben einhauchen kann, indem man aus ihm mehr macht, als nur einen Park-Platz.

Nur Stadtrat René Eilke konnte sich dieser Idee anschließen und stimmte gegen Variante 1. Er ist überzeugt: "Dann kann man sich das Geld auch sparen und alles so lassen wie es ist." In der Tat ist die Variante 1 die "konservativste", die, für die es keinen "Mut zur Veränderung" braucht. Der Bauunternehmer ist überzeugt, dass Variante 1 auch von den Geschäftsinhabern zu kurz gedacht ist. Er sagte auf Nachfrage von RAZ: "Da der Markt auch weiterhin kein Platz sein wird, auf dem man sich gerne aufhält, wird auch noch die letzte Gaststätte hier schließen und dann ist der Platz tot. ich verstehe auch nicht, warum der Denkmalschutz so vehement gegen Bäume ist. Man hätte hier schöne Kugelbäume hinstellen können. Das hätte dem Platz Flair gegeben und zu einem Ort gemacht, wo man auch abends mal flanieren kann."

Was bringt die nun ausgewählte Variante 1, außer dass die Verkehrsströme bleiben wie sie sind? Eine auf Spurbreite reduzierte Fahrbahn, eine doch etwas größere Verkehrsinsel und breitere Fußwege vor den Geschäften. Vielleicht auch mit etwas Platz für Begrünung, ähnlich wie auf der Großenhainer Straße. Aber die Details werden nun erst ausgearbeitet.

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Kommentar

Vielleicht lag die mehrheitliche Ablehnung von Variante 3 auch daran, dass sie nicht wirklich zu Ende gedacht war. Die Abtrennung des vom Markt abfließenden Verkehrsstromes von der Hauptverkehrsachse Großenhainer Straße - Heinrich-Zille-Straße hätte zur Folge, dass in der Innenstadt über Dresdner-Straße und August-Bebel-Straße bzw. über Marktstraße - Carolinenstraße "Karussell gefahren" würde - mit entsprechender Zunahme der Verkehrsdichte. Eine Gesamtbetrachtung der Folgen für die Verkehrsströme und Lösungsvorschläge hätten meiner Meinung nach dann dazugehört.

Klaus Kroemke

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